Wie Praktiker den Wärmedurchgangskoeffizienten ermitteln U-Wert für EnEV und Produktnorm

Der Fenster-U-Wert spielt für die EnEV und die Produktnorm für Fenster eine wichtige Rolle. GFF erläutert die praxisbezogene Uw-Ermittlung und verrät die beste Methode für Praktiker.

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Nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 gilt die Produktnorm DIN EN 14351-1 für Fenster und Außentüren seit 1. Fe bruar 2010. In beiden Regeln spielt der Fenster-U-Wert eine Rolle. In der Praxis treten Probleme auf, den richtigen Uw-Wert zu ermitteln. Der Unternehmer hat ein CE-Zeichen und – etwa beim Fenster- oder Glasaustausch im Bestand – eine Unternehmererklärung abzugeben. Die folgende Uw-Ermittlung soll eine Hilfestellung sein.

Die EnEV verlangt in Zusammenhang mit Fenster-U-Werten im Bestand, dass diese gemäß „technischen Produktspezifikationen“ zu ermitteln sind. In anderen übergeordneten Regelwerken, z.B. der Bauregelliste (BRL) oder den länderspezifischen „Listen der Technischen Baubestimmungen“ (LTB), ist neben der DIN EN ISO 10077-1 die DIN V 4108-4 genannt. Leider führen die Normen zu leicht abweichenden Ergebnissen. Die DIN V 4108-4 kann und muss sehr schnell im Archiv verschwinden, da mit rein deutschen Normen „europäische Werte“, wie sie für die jetzt obligatorische CE-Kennzeichnung erforderlich sind, nicht zu ermitteln sind. Es bleibt die DIN EN ISO 10077-1. Genauer die Ausgabe 2006-11, weil sich das Amendment zur DIN EN
14351-1 darauf bezieht. EnEV, CE-Kennzeichnung und KfW-Förderbedingungen verlangen eine „normative“ Ermittlung des Uw-Wertes. Was heißt das? Geht man von der DIN EN 14351-1 als Normenquelle aus, sind zunächst drei grundsätzliche Möglichkeiten der Uw-Ermittlung denkbar:

1. Die setzt einen Rahmenanteil von 30 Prozent voraus und gilt dann „für alle Größen“. Bei den 30 Prozent ist eine gewisse Schwankung möglich, die ca. 40 Prozent nicht überschreiten sollte. Die Tabellenablesung eignet sich für relativ große einflügelige Fenster, die aber weder Pfosten und Riegel noch Rahmenverbreiterungen in nennenswertem Maß haben.

2. Berechnung: Das bezieht sich auf das Standardmaß von 1.230 mal 1.480 Millimeter. Dann stimmen bei üblichen Rahmenbreiten der berechnete und der dieser Konstruktion entsprechende Tabellenwert überein. Für die Berechnung stehen in der Produktnorm Übertragungsregeln. Möglich ist die Übertragung für bis zu 2,3 m2 Elementfläche, deren Maße um ±25 Prozent abweichen. Darüber gilt die Berechnung mit dem zweiten Standardmaß von 1.480 mal 2.180 Millimeter. Letzteres wird durch eine Fußnote ausgehebelt, indem bei Ug-Werten <1,9 der mit 1.230 mal 1.480 Millimeter berechnete Uw-Wert „für alle Größen“ gilt. Da die Norm über abgedeckte Bereiche von Rahmenanteilen nichts sagt, wäre im engen Sinn die Berechnung für jede Fensterteilung nötig. Praktische Auswirkungen haben für übliche deutsche Konstruktionen aber erst Rahmenanteil-Differenzen von deutlich mehr als zehn Prozent.

3. Eine für die Praxis irrelevante Alternative ist die Messung – eine Laborprüfung. Auch hier sind die beiden bei der Berechnung genannten Standardmaße mit entsprechender Übertragung möglich. Die Auswirkungen von Tabellenablesung und Berechnung werden nachfolgend untersucht und dargestellt. Die Beispiele sind zur Nachvollziehbarkeit in Tabelle 1 aufgeführt.

Neben der Vorgabe eines Rahmenanteils von 30 Prozent hat die Tabelle in DIN EN ISO 10077-1 den Nachteil, dass sie keine Aussage zum Umgang mit Sprossen enthält. Das Amendment zu DIN EN 14351-1 versucht diesem Problem Rechnung zu tragen. Dort ist eine Darstellung enthalten, welche Zuschläge bei verschiedenen Sprossenausführungen zu machen sind. Die sich – bis auf die „echten Sprossen“ – an Angaben in DIN V 4108-4 orientierenden Aussagen des Amendments beziehen sich auf den aus deutscher Sicht „alten“ Standard-Aluminium-Abstandhalter und sind nur eingeschränkt brauchbar. Tabelle 3 gibt die Darstellung dennoch wieder.

Die Fensterelemente in Tabelle 1 werden in den Tabellen 4.1 und 4.2 hin sichtlich der berechneten Uw-Werte verglichen. Die Ergebnisse werden bewertet und kommentiert. Beim Referenzmaß 1.230 mal 1.480 Millimeter stimmen berechneter und tabellierter Wert überein. Mit RVen, die den Rahmenan teil auf 37 Prozent erhöhen, verändert sich der Uw-Wert nur um ein Hundertstel. Bei Fenstern mit doppeltem Kreuz aus Wie ner Sprossen – Abstandhalterprofile zwischen durchgehenden Scheiben mit innen und außen aufgesetzten Profilleisten – erhöht sich der Uw-Wert bei Alustegen um 0,15 und bei Kunststoffstegen um 0,07 W/m2K. Damit stellt sich der im Amendment gelistete Wert für ein „mehrfaches Sprossenkreuz“ von 0,2W/m2K nicht ein. Der Wert enthält Reserven für weitere Sprossenunterteilungen. Mit Blick auf den EnEV-Altbau-Uw-Wert von maximal 1,3W/m2K kommt hier selbst die Wiener Sprosse aus thermisch verbessertem Material nicht in Frage. Das gilt noch mehr für echte Sprossen, bei denen sich – auch bei 30 Millimeter Rahmenverbreiterung und warmer Kante – ein gerundeter Uw-Wert von 1,5 W/m2K, bei Aluabstandhaltern von 1,7 ergibt. Bei diesem Fenster ohne Sprossen, mit einem durch zwei 60 Millimeter breite, aufrechte Rahmenverbreiterungen verursachten Rahmenanteil von 44 Prozent, wür de der Uw-Wert mit 1,35 W/m2K die Obergrenze für den EnEV-Wert von 1,3W/m2K überspringen. Folglich ist die Einschränkung der Tabellen-Ablesung auf 30 Prozent Rahmenanteil nicht sachgerecht. Ganz anders in Tabelle 4.1 bei dem Toilettenfenster mit 600 mal 1.000 Millimeter: Hier liegt die Ausführung ohne Sprosse mit warmer Kante bei 1,41W/m2K, was sich durch Rahmenverbreiterung und 62 Prozent Rahmenanteil kaum ändert. Mit „echtem Sprossenkreuz“ ergeben sich im günstigsten Fall nur mit warmer Kante bei 1,6W/m2K Bedingungen, die bei häufiger Kippstellung gerade noch akzeptabel sein können. Bei der einflügeligen Fens tertüre (950mal 2.180 Millimeter) ergeben sich 37 Prozent Rahmenanteil und mit 1,31 – mit Rahmenverbreiterung und 42 Prozent Rahmenanteil – bzw. 1,32W/m2K die Uw-Werte der Tabellenablesung. Auch hier liegen „warme Kanten“ als Wiener Sprosse um 0,1 außerhalb der EnEV-Altbau-Anforderung – echte Sprossen um 0,2. Eine Steigerung des Rahmenanteils auf z.B. 43 Prozent würde das kaum ändern. Erst 60 Millimeter RV ließe den Uw-Wert von 1,3 auf 1,4 W/m2K ansteigen. Trotz Dreifachsprossenkreuz wird der o.g. Zuschlagswert nicht ausgeschöpft.

Bei in Tabelle 4.2 dargestellten größeren Fensterelementen ist das Ergebnis ähnlich. Mit der in der Produktnorm Fenster und Außentüren genannten zweiten Referenzgröße 1.480 mal 2.180 Millimeter ergibt sich mit 1,32W/m2K trotz 37 Prozent Rahmenanteil der Tabellenwert. Wiener und andere Spros sen führen die Fenstertür weg von der EnEV-Anforderung. Das lässt sich für die realistischere zweite Fenstertür (1.800 mal 2.180 Millimeter) sagen. Der mit zwei wertanzeigenden Stellen ausgewiesene Uw-Wert bleibt trotz kleinerer Rahmenanteile gleich. Er entspricht dem Tabellenwert.

Anders bei der 3.400 mal 2.180 Millimeter großen zweiteiligen Hebeschiebetüre: Hier beträgt der Rahmenanteil – in dem wiederum anteilig die Rohrrahmen schwel le, im Beispiel die „GU Thermostep“, welche zwischen Flügel und Festfeld und unter Einbeziehung des Holzrahmens gemittelt bei Uf = 1,7 W/m2K liegt – 24 Prozent. Dadurch bringt die größere Glas fläche mit Aluabstandhalter den Uw-Wert auf 1,34W/m2K, mit Kunststoffabstandhalter auf 1,27 W/m2K. Die Tabelle bestätigt dies. Die Wiener Sprosse ist mit verbessertem Randverbundmaterial nicht mehr geeignet. Echte Sprossen zeigen, dass selbst beim Zwölffachsprossenkreuz der Zuschlag von 0,4 aus dem Amendment erst bei gerundeten Werten benötigt wird bzw. im Ansatz zutref fend ist. Im Ergebnis ist die Wärmebrückenwirkung der glasteilenden Sprossen so groß, dass ein Uw-Wert von 1,3W/m2K nicht einzuhalten ist. Die bei anderen Fenstern diskutierten RVen wirken sich wegen der großen Bauteilflächen kaum aus. Die Diskussion um die Ermittlung und Angabe eines maßbezogenen Fenster-U-Wertes ist überflüssig. Ein solcher Wert wird weder in der EnEV noch für die CE-Kennzeichnung nach Produktnorm oder die KfW-Förderung gefordert. Während die EnEV bei zu errichtenden Gebäuden vom „Referenzwert“ Uw < 1,3 W/m2K als Planungs wert für diese Bauteile insgesamt – also allenfalls als eine Art gewichtetem Durchschnittswert – ausgeht, ist für die Bauteilanforderung im Altbau der sich für die Referenzgröße von 1.230 mal 1.480 Millimeter ergebende Uw-Wert gemeint. Ein gewichteter, über die jeweiligen Flächenanteile und deren U-Wert gerechneter und gemittelter Wert für ein größeres Wohngebäude ist stimmig. Vorsicht bei der Uw-Angabe, wenn eine Vorgabe in der Leistungsbeschreibung maßbezogene Ermittlung und Nennung fordert. Das ist nach VOB/C eine vergütungspflichtige besondere Leistung und erfordert die maßbezogene Ermittlung.

Als Resümee lässt sich festhalten, dass die Ermittlung von Fenster-U-Werten anspruchsvoll ist. Meist ist die Tabellenablesung nach wie vor das Mittel der Wahl. Sie ist unkompliziert, schnell und hinreichend genau. Für die meisten praktischen Fälle bei deutschen Verhältnissen ist die dem Buchstaben gemäße Einschränkung auf einen Rahmenanteil von 30 Prozent ohne Bedeutung. Selbst bei einem Rahmenanteil von 40 Prozent und den unterstellten üblichen Komponenten ergibt eine sehr aufwändige Berechnung keine abweichenden und keine besseren Wer te. Hinzu kommt, dass sich mit besseren Uf-Werten, also der Angleichung von Uf an Ug, der Einfluss des Rahmenanteils weiter reduziert. Beim Blick auf das ganze Gebäude gleichen sich U-Werte unterschiedlicher Fenster – etwa bei einer gewichteten Berechnung – weitgehend aus. Insofern genügt bei einer CE- oder Unternehmererklärung nach EnEV regelmäßig die Angabe eines Uw-Wertes für Fenster gleicher Konstruktion. Für eine Hebeschiebetüre kleinerer Außenmaße kann ähnlich wie für die Haustür ein zweiter Wert angegeben werden. Den Betrieben sollte nicht zu viel Aufwand entstehen, nur um für andere Länder eher zutreffende Normenanforderungen zu erfüllen. Einfache und praktikable Vorgehensweisen sind gefragt. Wenn gerechnet werden soll oder muss, bietet sich das EDV-Programmmodul „Uw-Berechnung“ aus dem Gesamtpaket „CE-plus“ der Fenstermarke tischler/schreiner/glaser an. Dort ist neben der einfachen Erfassung von Wiener Sprossen die Berechnung von Hebeschiebetüren möglich.

Wichtig: (Wiener) Sprossen sind mitnichten verboten oder aufgrund der technischen Werte ungeeignet. Bei wesentlich besseren Uf- oder Ug-Werten können sich durchaus Uw-Werte ergeben, mit denen die EnEV eingehalten werden kann.