Netzwerktreffen zu bauwerkintegrierter Photovoltaik Stolpersteine für Kommunen oder neue Baukultur?

Im Februar hat das erste Netzwerktreffen der Allianz Bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV) stattgefunden, um Trends und Hemmnisse für die Gestaltung der Energiewende anzugehen.Die Diskussionen und Fachgespräche dienen als Grundlage für ein künftiges Hinweispapier.

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    Im Format eines BarCamps verwandelte sich das Hotel Achalm in Reutlingen in eine Ideenschmiede für gebäudeintegrierte Photovoltaik.
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    Für Heiner von Riegen vom gleichnamigen Ingenieurbüro stand der steuerrechtliche Umgang mit BIPV bei der Neugestaltung einer Bestandsfassade zur Diskussion.
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    Björn Rau, Institutsleiter Kompetenz-Zentrum Photovoltaik Berlin (PVcomB) am Helmholtz-Zentrum Berlin, hat am 1. April 2019 eine BIPV-Beratungsstelle eröffnet.
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    Ralph Gottschalg vom Fraunhofer CSP sieht in der Nachwuchsausbildung und Forschung an seriellen PV-Modulen eine Chance für die Industrie.

Im Förderportal des Bundes sind bis 2020 zirka fünf Millionen Euro für die Forschung an gebäudeintegrierter Photovoltaik (BIPV) aufgeführt. Auch wenn die gelisteten Projekte keinen Anspruch auf Vollständigkeit haben, ist das Volumen im Verhältnis zu anderen Forschungsprojekten für erneuerbare Energien gering. Die Allianz BIPV plädiert für ein nicht monetäres Anreizsystem bei der Förderung.

Mehr als 40 gewerkeübergreifende Schrittmacher vom PV-Modulhersteller über Planer und Investoren bis hin zum Energieversorger erarbeiteten beim ersten Netzwerktreffen der Allianz BIPV am 25. und 26. Februar in kleinen Gruppen neue technische Trends und identifizierten Hemmnisse für die Gestaltung der Energiewende. Durch das kommunikative Format eines BarCamps verwandelte sich das Hotel Achalm in Reutlingen in eine Ideenschmiede für BIPV.

Hinweispapier in Arbeit

Die auf den Netzwerktagen der Allianz BIPV intensiv diskutierten Themen und vorgestellten Projekte haben deutlich gemacht, dass Fachplaner, Architekten und Fassadenmonteure bei der gewerkeübergreifenden Systemintegration von BIPV-Elementen hervorragende Systemlösungen realisieren können.

„Solche Innovationen sind lediglich durch eine enge gemeinsame Forschung sowie die Umsetzung in der gebauten Praxis möglich.“

Dennoch erwarten sie bei der Planung und Umsetzung täglich neue rechtliche und technische Hürden. Durch gezielte Kommunikation und einen Wissenstransfer zwischen der Baubranche einerseits und den Vertretern der Solarwirtschaft andererseits ließe sich ein Gutteil dieser Hürden überwinden. In Abstimmung mit den Vertretern der öffentlichen Hand will die Allianz daher ein Hinweispapier erarbeiten, das Klarheit hinsichtlich der normativen Anforderungen an die BIPV schafft. Dazu gehört auch das Recycling von BIPV-Modulen, meint Robert Kirchner von der Friedmann & Kirchner Gesellschaft für Material- und Bauteilprüfung, der Druckfrisches aus dem Entwurf für die ISO TS 21480 zum Recycling mitbrachte. Als Lösungsanbieter für Fassaden, Fenster, Türen und Solar wies Frank Holzäpfel, Geschäftsleitung Sika Deutschland, in seiner Keynote zu Beginn der Veranstaltung auf die erreichten Fortschritte bei den Gestaltungsmöglichkeiten für BIPV hin: „Diese Innovationen – wir nennen es Fassade und Fenestration – sind nur durch eine enge gemeinsame Forschung und Umsetzung in der Praxis möglich. Dabei blicken wir auf ein Erfahrungswissen aus mehr als 7.000 geklebten Fassaden und mehr als zehn Millionen geklebten Fenstern zurück.“

Wohin die Reise für BIPV geht

Es ist kurz vor 12 Uhr und die Umgestaltung der Energiewende ist in vollem Gang. Bleiben die Fragen: Wohin geht die BIPV-Branche und wie war das erste Netzwerktreffen für die Teilnehmer? „Für mich ist die Veranstaltung eine hervorragende Gelegenheit zum Netzwerken. Für die BIPV bietet sie etliche Denkanstöße, die nun zu Papier und über die richtigen Damen und Herren aus der Allianz BIPV an die richtigen politischen Stellen gebracht werden müssen“, sagt Heiner von Riegen vom Ingenieurbüro IB-von Riegen. Er stellte den steuerrechtlichen Umgang mit BIPV bei der Neugestaltung einer Bestandsfassade zur Diskussion. „Bei einem Projekt sorgte die Abschreibungsdauer für die Investition für Verwirrung. Während eine normale, verputzte Fassade oder eine Glasfassade bei einer Fassadensanierung sofort als Werbungskosten absetzbar sind, soll bei der BIPV-Fassade dafür ein Zeitrahmen von 20 Jahren angesetzt werden.“ Das sei für gewerbliche Bauherren unattraktiv und ein Stolperstein, was die Umsetzung energetisch aktivierter Fassadenlösungen anbelangt. „Das ist ein weiteres Hindernis in der Energiewende.“

Björn Rau, stellvertretender Institutsleiter des Kompetenz-Zentrums Photovoltaik Berlin (PVcomB) am Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB), koordiniert aktuell den Aufbau einer nationalen Beratungsstelle für BIPV am HZB. Sie soll ab Sommer 2019 gezielt die Akteure beraten, die am Anfang von Bau- oder Sanierungsvorhaben stehen; Architekten, Planer sowie Bauherren über die gestalterischen und technischen Möglichkeiten bei der Integration von PV informieren und Hilfestellung bei sowohl technischen als auch regulatorischen Fragen bieten. „Die Helmholtz-Gemeinschaft hat für eine solche Beratung jetzt Fördermittel bereitgestellt, damit Bauherr, Handwerk und PV-Integratoren künftig solche Projekte als neue Baukultur verstehen“, sagt Rau.

Ralph Gottschalg, der Leiter des Fraunhofer-Centers für Silizium-Photovoltaik CSP, sieht in der Forschung und Entwicklung an individualisierten PV-Modulen eine Chance für die heimische Industrie und ist der Meinung, dass PV-Installationen einen signifikanten Beitrag zur deutschen Wirtschaft leisten.

„Die vorhandene Technik ist momentan nur schwierig für die Fertigung von individualisierten sowie gebäudeintegrierten Modulen einsetzbar.“

„Die vorhandene Technik ist momentan nur schwierig für die Produktion individualisierter und gebäudeintegrierter Module adaptierbar. Wenn wir den energiebewussten Systemintegrator und Verbraucher erreichen wollen, brauchen wir eine Plug’n’Play-Systemlösung, die über CAD-CAM eine flexible Systemintegration ermöglicht“, sagt er.

Konkrete Ergebnisse

Die Diskussionen und Fachgespräche haben nicht nur neue Erkenntnisse gebracht. „Besonders freut es uns, dass wir mit konkreten Ergebnissen und Projekten auseinandergegangen sind und die in Reutlingen begonnene Arbeit in Zukunft gemeinsam fortsetzen“, stellt Sebastian Lange vom Vorstand der Allianz im Rückblick fest. „Die erarbeiteten Ideen zu einem nicht monetären Anreizsystem in der Förderung von BIPV sollen verschriftlicht und auf einem Zweiseiter so zusammengefasst werden, dass diese Ideen verstärkt Eingang in die politischen Diskussionen finden.“