Seit Januar 2019 gelten niedrigere Grenzwerte für A-Stäube Staubfreie Baustellen werden Pflicht

Gesundheitsgefährdender Staub hat auf Baustellen nichts verloren, der Gesetzgeber hat den Grenzwert für sog. A-Stäube herabgesetzt. Tim-Olaf Böl, Seminarleiter für staubfreies Arbeiten bei Team Direkt, erläutert, wie Handwerker es schaffen, die neuen Vorgaben einzuhalten.

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    Tim-Olaf Böl ist Seminarleiter und Berater bei der Firma Team Direkt. Er kennt sich aus mit staubfreien Baustellen.
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    Eine Maßnahme, um Räume wirksam von Staub zu befreien, sind Luftreiniger.

Wo Bauarbeiten und Umbaumaßnahmen stattfinden, entstehen zwangsläufig Staub und Schmutz. Ein Großteil des durch Mund und Nase eingeatmeten Staubes ist dabei relativ harmlos. Er bleibt an den Nasenhärchen oder an den Schleimhäuten des Nasenrachenraums hängen und wird abgehustet. Dieser Staub wird als E-Staub (einatembarer Staub) bezeichnet. Es gibt aber auch Partikel, die nicht wieder abgehustet werden können. Sie werden alveolengängige Stäube (A-Stäube) genannt und können bei langfristiger Einwirkung zu schweren Atemwegs- und Lungenerkrankungen führen. Gefährlich sind insbesondere Quarz-, Blei-, Holz- und Metallstäube – das ist sog. Feinstaub, wie er eben auch bei Abbrüchen oder Rückbauarbeiten an Fenstern und Fassaden freigesetzt wird.

Niedrigere Grenzwerte ab 2019

Aufgrund dieser Gesundheitsgefahr hat der Gesetzgeber die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) entwickelt. Die Richtlinie konkretisiert u.a. die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung bei Tätigkeiten mit Exposition gegenüber Staub. Zudem sind Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) definiert, die verhindern sollen, dass die Funktion der Atmungsorgane infolge allgemeiner Staubwirkung beeinträchtigt wird. Seit dem 1. Januar 2019 gilt gemäß TRGS 900 auf allen Baustellen für alle Gewerke ein verbindlicher AGW für A-Stäube in Höhe von 1,25 mg/m³. „Das ist weniger als ein pulverisiertes Stück Würfelzucker, das auf einem Kubikmeter Raum verteilt wird“, sagt Tim-Olaf Böl, Seminarleiter für staubfreies Arbeiten und Berater bei Team Direkt. Das Unternehmen unterstützt Handwerker mit Weiterbildungsmaßnahmen zum staubfreien Arbeiten sowie zu Verbrauchsmaterialien und technischen Geräten, um eine staubfreie Baustelle einzurichten. Eine Überschreitung des Grenzwerts ist laut Böl kurzfristig um das Achtfache möglich. Für die Praxis heißt das: Bei achtfacher Überschreitung der Staubexposition von 1,25 mg/m³ viermal pro Schicht über einen Zeitraum von 15 Minuten darf in einer Schicht keine Exposition mehr erfolgen. Führt man sich vor Augen, dass beispielsweise beim Putzabschlagen zwölfeinhalb mg/m3 oder beim Reinigen mit dem Besen 8,4 mg/m3 an A-Staub freigesetzt werden, dürfte klar sein, dass der gesetzliche Grenzwert ohne technische, organisatorische und persönliche Schutzmaßnahmen kaum einzuhalten ist.

Abschotten, Absaugen, Filtern

„Handwerksbetriebe müssen spätestens jetzt das Staubungsverhalten auf ihren Baustellen kritisch unter die Lupe nehmen und die vorliegende Gefährdungsbeurteilung für staubintensive Tätigkeiten und Verfahren überprüfen“, rät Böl. Dafür lohne ein Blick auf das erweiterte Sicherheitsdatenblatt, die Expositionsszenarien oder auf Hinweise der Hersteller. Gegebenenfalls müsse der ausführende Betrieb die Staubkonzentration in der Atemluft mit Staubmessgeräten messen. Anschließend gilt es, zu handeln. „Der Ersatz von stark staubenden Stoffen durch staubärmere Materialien ist genauso obligatorisch wie das Tragen der persönlichen Schutzausrüstung – insbesondere von Atemschutzmasken.“ Um die neuen Grenzwerte einzuhalten, genüge dies jedoch nicht. Um die Staubbelastung effektiv zu mindern, müssen laut Böl zusätzlich technische Lösungen und Verfahren zum Einsatz kommen. Auf der sicheren Seite seien Handwerker, die auf eine Kombination aus Bau-Entstauber, Luftreiniger und Abschottungsmaßnahmen setzten. Bau-Entstauber ersetzen den Besen auf der Baustelle. Die Geräte sehen aus wie herkömmliche Staubsauger, erfüllen mit ihren leistungsstarken Filtern jedoch die Voraussetzungen der Staubklasse M. „Sie dürfen auf jeder Baustelle eingesetzt werden, auf der quarz- und bleihaltige Stäube entstehen, und sind geeignet zum Aufsaugen von Holzstaub und Mineralwolle“, sagt Böl. In Verbindung mit handgeführten Arbeitsmaschinen lasse sich Staub direkt an seiner Entstehungsstelle absaugen und gelange so gar nicht erst in die Umgebungsluft.

Wohnbereiche schützen

Staub entsteht sofort, wenn der Handwerker in die Wand bohrt, Wände abschleift oder Stemmarbeiten erledigt. Hier ist es oft nicht möglich, Absaugvorrichtungen direkt am Werkzeug zu installieren. „Zusätzliche Abschottungsmaßnahmen sind deshalb Pflicht, und die Abgrenzung des Arbeitsbereichs von anderen Räumen ist obligatorisch“, sagt Böl. Für den Einsatz eigneten sich beispielsweise mobile Staubschutzwände oder Staubschutztüren als Ersatz von Türblättern. Die Zone, in der Handwerker arbeiten, ist so vom Rest des Gebäudes staubdicht abgeschirmt; Staub, Schmutz und Zugluft werden von anderen Räumen ferngehalten. In der Regel sind solche Trennwände laut Böl wiederverwendbar und schnell auf- und abgebaut. „Somit sorgen sie dafür, dass während auf der einen Seite umgebaut wird, die alltäglichen Aktivitäten auf der anderen Seite ganz normal weitergehen können.“

Der Arbeitsschutz empfiehlt die Verwendung eines Luftreinigers, der im Umluftbetrieb die staubhaltige Luft im abgegrenzten Arbeitsbereich – dank extrem hoher Filterleistung (HEPA 13) – filtert und diese gereinigt wieder ausbringt. Einen Luftreiniger positioniert der Betrieb laut Böl im staubigen Raum selbst oder, bei Platzmangel, davor – wichtig sei dann, dass der Ansaugschlauch des Geräts nahe der Staub-austrittsstelle positioniert wird. „In der Kombination mit Bau-Staubsaugern kann so Staub aus verunreinigter Luft im Arbeitsbereich oder in kompletten Räumen effektiv entfernt werden“, sagt Böl. Eine Ausbreitung von Staubemissionen in andere Bereiche, insbesondere in weiterhin bewohnte Räume, lasse sich dadurch verhindern. „Alle mehr oder weniger beteiligten Personen werden während der Baumaßnahmen vor Schmutz und Staub geschützt.“

Kosten amortisieren sich schnell

Ganz billig sei die Anschaffung eines Pakets aus Bau-Entstauber, Luftreiniger und Staubschutzwand nicht, sagt Böl. Um die 3.000 Euro müssen Betriebe investieren. Die BG Bau fördert aber mit Zuschüssen (siehe Kasten) Produkte unterschiedlicher Hersteller, darunter auch Bau-Entstauber und Luftreiniger von Team Direkt. Handwerker, die auf staubarmes Arbeiten umstellen, begeistern laut Böl auch ihre Kunden. „Staub, Schmutz und Angst vor Schäden sind nun einmal das größte Hemmnis, Sanierungsmaßnahmen durchzuführen.“ Als Marketinginstrument sei Staubschutz deshalb ein ebenso wichtiges Argument wie die Gesundheit. Nichts spreche dagegen, staubfreies Arbeiten in die Handwerksleistung einzukalkulieren und mit einem Mehrbetrag in Rechnung zu stellen. Zwischen 200 und 500 Euro, je nach Größe der Baustelle, dürfen es seinen Angaben nach sein. Die Investitionskosten sollten sich so binnen einem oder maximal zwei Jahren amortisieren.