VDMA-Forum Glastechnik Smarte Fenster und Fassaden fertigen

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Am 28. August 2018 trafen sich an die 60 Unternehmen zur 23. Sitzung des Forums Glastechnik beim Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) in Frankfurt. Auf dem Programm standen interessante Vorträge zum Thema „Smarte Gläser – Maschinen und Technologien“.

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    Zirka 60 kleine und mittelständische Unternehmen des deutschen Glasmaschinen- und Anlagenbaus sind im VDMA organisiert.
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    Siegfried Glaser und Gesine Bergmann vom VDMA-Forum Glastechnik hatten nach Frankfurt eingeladen.

Nach der Begrüßung durch Siegfried Glaser, stellvertretender Vorstandvorsitzender des VDMA-Forums Glastechnik, referierte Prof. Sabine Hoffmann über ein Forschungsprojekt an der Technischen Universität (TU) Kaiserslautern. Im so genannten Living Lab Smart Office Space entwickeln Wissenschaftler Automationslösungen mit adaptiven Fassaden. Das Ziel ist es, die Behaglichkeit für Nutzer von Bürogebäuden zu verbessern und das Energiemanagement im Auge zu behalten. Drei Jahre lang testete das Forschungslabor die Lichtversorgung über eine elektrochrome Verglasung, die in drei horizontale Zonen mit je vier Transmissionszuständen unterteilt war. Bei auftretender Blendung ließ sich die Zone, die für die Sonnenstrahlung verantwortlich war, abdunkeln. Die Versuche mit Probanden haben laut Hoffmann den positiven Effekt der elektrochromen Verglasung auf die Tageslichtverfügbarkeit und die Vermeidung von Blendung bestätigt. Um die Technologie zur Marktreife zu führen, seien weitere Untersuchungen zur Steuerung der Verglasung erforderlich.

Durchlässig für Mobilfunkwellen

In einem weiteren Vortrag referierte Dr. Heinrich Ostendarp, Geschäftsführer der Schollglas GmbH, über die Entwicklung einer mobilfunktauglichen Isolierverglasung. Hinter modernen Ganzglasfassaden ist vielfach kein mobiles Telefonieren mehr möglich, da beschichtetes Dreifach-Isolierglas die Hochfrequenz-Wellen nahezu abschirmt. Das mittelständische Unternehmen im niedersächsichen Barsinghausen bei Hannover hat eine Lösung konzipiert, die diesem Problem zu Leibe rückt. Intelligente Prozesse sorgen dafür, dass die Scheibe Mobilfunksignale durchlässt. Gleichzeitig werden die technischen Eigenschaften des Isolierglases wie Wärmedurchgangskoeffizient, Lichttransmission und Energiedurchlassgrad nur marginal verändert. Bei der Verwendung des Produkts erhöhe sich der Durchgang der Mobilfunksignale im Vergleich zu einer Scheibe mit Low-E-Beschichtung um mehr als das 100-Fache.

Glas auf Knopfdruck schalten

Mit der Entwicklung und Fertigung von intelligenten Fenstern auf Basis von Flüssigkristallen befasste sich Dr. Jens Osterodt von der Merck KGaA. Die Technologie ermöglicht es, Fenster in Sekundenschnelle von kristallklar auf milchig-trüb umzuschalten. Dabei wird eine Flüssigkristallschicht zwischen zwei Gläser eingebettet und mit einer elektrischen Spannung versehen. Das Darmstädter Unternehmen hat zirka 15 Millionen Euro in eine Produktionsstätte für Flüssigkristallfenster-Module im niederländischen Veldhoven investiert. Ein erstes Fassadenprojekt auf Basis der Technologie entsteht derzeit in Karlsruhe: Dort hat die FC-Gruppe, Beratungs- und Planungsunternehmen, im Juli 2018 den Grundstein für den Bau eines neuen Campus gelegt.

Um die Flüssigkristallfenster-Linie konstruktiv umzusetzen, ist Merck eine Kooperation mit der Benteler Maschinenbau GmbH eingegangen. „Die Anlage ist weltweit die erste Produktionslinie dieser Art“, sagte Joachim Korswind, technischer Geschäftsführer von Benteler, bei der Vorstellung des „sehr anspruchsvollen“ Projekts. In nur knapp anderthalb Jahren hat das Bielefelder Maschinenbaunternehmen die Anlage mit einer Kapazität von zirka 50.000 Quadratmer pro Jahr und einer maximalen Modulgröße von dreieinhalb mal 1,6 Meter hochgezogen. Sie umfasst Prozesschritte wie Beladung und Papiertrennung, Zuschnitt und Veredelung, Kantenbearbeitung, Waschen, Markierung sowie Sortierung und Entladung. Besondere Herausforderungen waren u.a. das Auftragen einer Polyimid-Beschichtung, der UV-Klebeprozess oder das Rubbing, bei dem das Glas mit minimalen Furchen versehen wird, damit sich dort die Flüssigkristalle einlagern können.

Kosten sparen mit Laserschneiden

Im Anschluss referierte Raul Moldavan von der Manz AG über die Glasbearbeitung mithilfe von Laserschneiden und -bohren. Der präsize Materialabtrag ermögliche im Vergleich zur mechanischen Bearbeitung eine höhere Flexibilität, zudem seien 3D-Strukturen möglich. Durch hochwertige Schneidkanten entfielen nachgelagerte Prozesse wie das Schleifen.

„Ein Bauprojekt auf Basis der Flüssigkristalltechnologie von Merck entsteht in Karlsruhe.“

Technologien zur Herstellung smarter Beleuchtungsmittel mittels OLEDs waren das Thema von Hannes Klumbies, FHR Anlagenbau GmbH. Die Anwendungen spielen bei Smartphones, aber auch High-end-Displays eine Rolle. Sie sind transparent herstellbar, biegsam und ändern die Farbe, wenn Spannung anliegt. Gesine Bergmann vom Forum Glastechnik berichtete über den aktuellen Stand des Arbeitskreises Standardisierte Schnittstellen in der Glasindustrie. Um manuelle Eingaben künftig überflüssig zu machen, sollen Grundlagen für die Standardiersierung von Kommunikationsprozessen zwischen den Maschinen entlang einer Linie konzipiert werden.

Abschließend stellte Ulrich Schadeck von der Universität Bayreuth glasbasierte Separatoren für Lithium-Ionen-Batterien in Hybrid- und Elektrofahrzeugen vor. Glasflakes verbessern die Schnelladefähigkeit und den Ionenfluss. Durch die thermische Stabilität des Separators bis 600 Grad Celsius lässt sich zudem die Sicherheit der Batterie erhöhen. Im Mittelpunkt des Projekts steht die kostengünstige und nachhaltige Herstellung der glasbasierten Separatoren.

Die nächste Sitzung des VDMA-Forums Glastechnik findet am 21. Februar 2019 in Frankfurt statt.