Glaskunst mit Tiefgang Mosaike in drei Dimensionen

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Gestalten mit Glas

Der Kontakt mit der Fusingtechnik war für den österreichischen Glaskünstler eine Art Initialzündung. Seither fasziniert den Glasermeister das Material, aus dem er vielschichtige Bilder und mitunter sogar Glasbüsten fertigt.

„Ich versuche mit verschiedenen Verfahren, Glas zu kontrollieren – allerdings ist das nur durch beständiges Scheitern möglich“, sagt Andreas Döringer, der als Glaskünstler in Rottenmann in der Steiermark arbeitet. „Die Liebe zum Material ermutigt mich, dem Glas immer neue Formen und Farben zu entlocken.“ Eines seiner Verfahren, ja seine Signature-Technik, die den Künstler in seinen Werken wiedererkennbar macht, ist die Arbeit mit Glasplättchen, die er in unterschiedliche Glasebenen einbindet. Dabei entstehen vielfältige, nicht homogene Flächen. „Wenn man sie betrachtet und dabei leicht den Kopf neigt, bricht die Fläche immer wieder auf und schließt sich. Das hat viel Dynamik, auch wenn es sich eigentlich um ein statisches Material handelt“, beschreibt Döringer sein Vorgehen.

Transparenz und Tiefe

So wirkt auch das Glasbild „White Horse“ auf den ersten Blick wie eine modern gestaltete Glasfläche. Beleuchtet man das Werk von hinten, so kommt ein Pferd zum Vorschein. Das Bild ist vielschichtig aufgebaut, die Einzelteile scheinen in der Luft zu schweben. Döringer arbeitet sehr gerne mit diesem Verfahren, das wie ein dreidimensionales Mosaik anmutet. „Ich versuche, dem Glas seine wichtigsten Eigenschaften, also Transparenz und Tiefe, zu erhalten, auch wenn die Oberfläche glatt ist“, erklärt er. Kein anderes Material habe diese Eigenschaften, sagt der gelernte Glaser. Die Plättchen für die Bilder schneidet er selbst zu – bis zu 11.000 Plättchen sind für ein Bild nötig. Schließlich sind seine Glaskunstwerke maximal anderthalb bis zwei Meter mal einen Meter groß und wiegen an die 100 Kilogramm.

Das Innere nach außen kehren

Eine zweite Technik, mit der Döringer vielfach arbeitet, heißt Murrini-Technik, die ursprünglich vom Glasblasen stammt. Dazu ist ein spezieller Schmelzofen, ein so genannter Vitrigraf, vonnöten. „Man schmilzt flaches Glas und zieht daraus Stangen“, erklärt er. Mit dieser Technik sei beispielsweise das Bild „Systematic Chaos“ entstanden. Die Stangen werden in kleine Einzelteile geschnitten und dann mit ihrer Öffnung aufgestellt, so dass man ins Innere der Stangen hineinschaut. Bis zu 32 Farbschichten können diese haben; ihr Design legt der Künstler im Vorfeld fest und bestimmt die Farbe und die Größe der Ringe.

Zuvor modelliert er ein Modell aus Ton, das wie eine Landschaft aus Tälern und Hügeln besteht, und macht davon einen Abdruck. Darüber schmilzt der Künstler die einzelnen Glasstücke, um anschließend noch einmal alles zu einer flachen Glasplatte zu ebnen. „Was übrigbleibt, ist reine Bewegung“, sagt der Künstler. Dabei führt er jeden Schritt selbst aus – inklusive der recht aufwändigen Nachbearbeitung, die sowohl Schleifen und Polieren als auch Sandstrahlen umfasst. „Die Natur inspiriert mich dabei sehr. Von der Farben- und Formenpracht eines Tauchgangs im Meer bis zu den kargen Bergspitzen meiner Heimat Österreich verarbeite ich die Eindrücke in meiner Glaskunst.“

Vom Glasermeister zum Glaskünstler

Döringer, Jahrgang 1978, absolvierte nach der Schule zunächst eine klassische Ausbildung zum Glaser. Mit künstlerischer Gestaltung hatte diese allerdings nichts zu tun – „da lernt man, Fenster einzuglasen.“ Nach seinem Abschluss entdeckte Döringer zufällig die Fusingtechnik in einem Katalog und erkannte für sich ein enormes Entfaltungs- und Gestaltungspotenzial – der Funke sprang sofort über. Im Jahr 2000 absolvierte er die Glaser-Meisterprüfung und gründete 2001 mit der Glaswerkstatt in Rottenmann sein eigenes Glasstudio. Bereits zu Beginn der Tätigkeit besuchte der Glasprofi Weiterbildungen, um die Fusingtechnik zu erlernen – etwa bei Erna Sowersby in der Schweiz oder Detlef Tanz in Deutschland. Außerdem unternahm er Exkursionen zu Glasblasen und Vitrigraf und übernahm Assistenzen bei Glaskursen, vor allem in der Türkei bei dem australischen Künstler Gerry King. Auch in diesem Sommer findet wieder ein solcher Kurs in der Nähe von Istanbul statt (siehe Kasten).

Büsten aus Glas

Eine von Döringers ersten Ideen waren Glasbüsten: Wie würde es sein und aussehen, Glas am Körper zu tragen? Kurzerhand kaufte er sich einen kleinen Schmelzofen, um zu experimentieren. „Ich hatte kein Wissen, keine Infos – die Anzahl der Fehlversuche war immens.“ Zehn Jahre sollte es dauern, bis die technische Seite wirklich gut funktionierte; zwischendrin verlor er das Projekt „Glasbüsten“ mehrfach aus den Augen. Anfangs senkte er das Glas über eine Form, wobei es immer wieder zerbrach. „Jetzt habe ich den Prozess im Griff“, sagt Döringer. Ein begeisterter Fotograf organisierte sogar eine Fotosession im Kunsthistorischen Museum Wien. „Natürlich sind diese Büsten nicht für den Alltag gedacht, aber für Show- sowie Musikauftritte auf der Bühne bestens geeignet. Glas nimmt auf der Haut schnell die Körperwärme an.“ Stolz berichtet er, dass er mit den Glasbüsten an der Veranstaltung Glaserotika in Frauenau teilgenommen hat.