Vorfertigung für eine hohe Ausführungsqualität Modulbau – fix und bezahlbar

Vorgefertigte Module aus Holz, Stahltragwerk, Montage in kurzer Zeit – mit einem neuartigen Hybridbausystem bauen AXA, Renggli und die Berner Fachhochschule in Lenzburg (CH) in kurzer Zeit ein nachhaltiges Mehrfamilienhaus mit 20 Mietwohnungen.

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    Sobald die Raummodule auf der Baustelle montiert sind, wird ihnen ein großflächiges Fassadenelement mit integrierten Fenstern, Laibung und den Storen vorgesetzt.
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    Vorfertigung: Das Holzbauunternehmen Renggli integriert die in einem Stück gefertigte Küche in das Raummodul.
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    Die vorgefertigten Module werden mit Tiefladern angeliefert und in das Stahlgerüst eingefügt.

In Lenzburg entsteht in nur fünf Monaten ein innovatives und ökologisches Wohnhaus, welches die Firma Renggli und die Bauherrin AXA in Zusammenarbeit mit der Berner Fachhochschule (BFH) realisieren. Zugrunde liegt dem Bauvorhaben ein neuartiges Hybridbausystem: Die auf Holzbau spezialisierte Firma Renggli fertigt die Wohnungen als Raummodule vollständig vor. Die Bäder, Küchen und Beläge sind bereits eingebaut, die Leitungen für die Gebäudetechnik eingezogen.

Höhere Standardisierung dank eines Stahltragwerks

So weit, so unspektakulär. Das Innovative tritt auf der Baustelle zutage: Im Gegensatz zu bisherigen Modulbauten kommt ein Stahlgerüst als Tragwerk zum Einsatz. Parallel zur Produktion der Module wurde dieses in Lenzburg aufgebaut. Der Einsatz der Stahlstruktur bringe einige Vorteile mit sich, erläutert Roman Hausammann vom Institut für Holzbau, Tragwerke und Architektur (IHTA) der BFH – auch wenn dies einen zusätzlichen Aufwand bedeute: Lasten werden durch die Stahlbauteile effizient ins Fundament abgetragen. Dadurch sind höhere Gebäude möglich, weil die Module von oben nicht zusätzlich belastet werden. Auch in der Fertigung ergeben sich Vorteile: „Bei der herkömmlichen stapelnden Bauweise mussten die untersten Module stabiler ausgebildet werden. Das hat eine effiziente Standardisierung verhindert“, sagt Hausammann.

Weg von der individuellen Fertigung

Der Ansatz, den die Projektbeteiligten mit ihrem Bausystem verfolgen, ermöglicht für den Holzbaubetrieb schnellere Durchlaufzeiten. Dank Massenfertigung lassen sich Kosten sparen. Dies gelingt, indem einzelne Bauelemente als ganze Systemkomponenten gefertigt werden: So setzt Renggli die Küchen in einem Stück ein, die Steigschächte werden als standardisiertes Element integriert und alle Bäder sind identisch. „Dieses neue Bausystem ist ein Schritt in die Richtung Manufacturing 4.0 in der Bauwirtschaft“, sagt Hausammann. „Die Komplexität wurde durch den entwickelten Hybrid-Systemansatz vereinfacht und mit Untersuchungen validiert.“

Die vorgefertigten Module werden mit Tiefladern auf die Baustelle geliefert und innerhalb von Stunden montiert. Da die Module innen bereits fertig sind, muss das ausführende Unternehmen diese nur in das Stahlgerüst einsetzen, miteinander verbinden und die Gebäudetechnik angeschließen. Erschlossen werden die Wohnungen über einen Laubengang mit vorgesetztem Treppen- und Liftturm.

Separates Fassadenelement

Für die Fassade haben sich die Projektbeteiligten beim Bauvorhaben in Lenzburg etwas Besonderes einfallen lassen. Fenster, Laibung, Storen usw. sind nicht in die Modulwand integriert. Erst in einem zusätzlichen Schritt wird ein großformatiges Fassadenelement, an dem Renggli die entsprechenden Bauteile montiert hat, zwischen den Modulen und dem Stahlgerüst eingeschoben. „Wenn jedes Modul eine eigene Fassadenwand hätte, gäbe es viele Fugen und Stöße, die geschlossen und abgedichtet werden müssten“, sagt Hausammann. „Jetzt haben wir zwar einen Prozess mehr – aber sparen dadurch auf der Baustelle Zeit, da weniger handwerkliche Arbeit erforderlich ist.“ Die Herausforderung bei dieser Vorgehensweise besteht darin, dass die Aussparungen der Modulwand und die Öffnungen der Fassade für den Innenanschluss genau übereinanderliegen müssen. „Mehr als zwei bis drei Millimeter Toleranz dürfen es nicht sein“, sagt Hausammann. Das macht zwei Dinge offensichtlich: Durch die Modulbauweise lässt sich Zeit in der Fertigung und auf der Baustelle sparen. Umso wichtiger ist aber die Planung im Voraus. „Die Vorleistungen in der Planungsphase sind um einiges höher und nehmen mehr Zeit in Anspruch. Alle Anschlüsse müssen passen“, sagt Hausammann. Andererseits ist der Holzbauer durch die Vorfertigung im Werk allerdings dazu in der Lage, eine hohe Ausführungsqualität zu sichern. „Bautechnische Probleme lassen sich vermeiden“, sagt der Fachmann. Auch werde das ausführende Unternehmen nicht von den Witterungseinflüssen beeinträchtigt.

Kurze Bauzeit und hohe Qualität

Neben der vereinfachten Bauweise hat die Hybridbauweise einen weiteren Vorteil: Der Baufortschritt ist deutlich schneller. „Aus einem hohen Vorfertigungsgrad im Werk und computergestützter Produktion resultieren kürzere Bauzeiten und eine höhere Qualität“, sagt Max Renggli, CEO des gleichnamigen Unternehmens. Durch die Vorfertigung, die Standardisierung der Wohnungen und die resultierende Skalierung lassen sich die Kosten pro Wohnung nach seinen Angaben deutlich senken. „Die Bauweise ist dadurch auch viel besser kalkulierbar als bei konventionellen Bauten und lässt Etappierungen zu.“ Dies schlägt sich im Mietzins nieder. „Die Bauweise erlaubt es gerade uns langfristig denkenden Investoren, Mietwohnungen von schlechter Bausubstanz, bei denen sich eine Sanierung nicht mehr lohnt, durch preiswerten und modernen Wohnraum zu ersetzen“, sagt Simon Haus, Leiter Asset Management bei AXA. „Im Idealfall können wir durch die kurze Bauzeit die bestehenden Mieter halten.“

Projekt mit Pioniercharakter

Die Wohnungen im Projekt Hello Lenzburg verfügen über einen ökologischen Ausbaustandard, moderne Grundrisse, sind barrierefrei und werden im niedrigen Preissegment vermietet. Eine Dreieinhalb-Zimmer-Wohnung kostet beispielsweise brutto um die 1.600 Franken pro Monat. „Auch als institutioneller Investor wollen wir unseren preiswerten Wohnraum im Bestand erhalten“, führt Haus weiter aus. „Der Hybrid-Modulbau bietet gerade für die Erneuerung unseres eigenen Bestands diese Möglichkeit.“

Die Liegenschaft in Lenzburg hat Pioniercharakter. Erfahrungen daraus dienen als Grundlage für weitere Projekte.