bautec, 16.-19. Februar in Berlin Marode Fenster vs. Raumluftkonditionierung

Die Wechselwirkungen zwischen Luftaustausch und Wohlbefinden sind unumstritten. Wie Baufachleute diese Wirkungskette vom Fenster bis zur Lüftungstechnik kostengünstig und effizient umsetzen, zeigten Aussteller auf der bautec 2016.

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    Bei seriellem Bauen muss der Nutzer nicht auf großzügige Fensterflächen verzichten: Am Ausstellungsstand von Betonwerk Büscher informierte sich die Bundesbauministerin Barbara Hendricks (li.) über mobile Solid.Box-Wohnmodule aus Smart-Beton.
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    Marode Fenster in Schulen sind häufig die Ursache unzureichender Luftwechsel: Mit Luftsprüngen bedankten sich Schüler für gesponserte mobile Eco Clean-Luftreinigungsgeräte.

Als zentraler Anlaufpunkt der TGA Fachplaner und Fensterbauer standen beim Innovationsforum neben Fachvorträgen neue Generationen von Umluftgeräten mit Sauerstoffaktivierung im Mittelpunkt. Mit dem Hygieneturm HGS 3000 interessierten sich Fachbesucher für eine neue Raumluft-Reinigung mit Elektrofilter für große Luftmengen. Luftsprünge machten die Schüler einer vierten Klasse in Berlin, die vergangenes Jahr diese Technik mit einer kleineren, mobilen Gerätevariante getestet und die Ergebnisse auf der bautec vorgetragen hat. Auch die Langzeiterfahrungen mit der energieeffizienten Lüftungstechnik des Systems Airoset fanden beim Publikum Aufmerksamkeit. Marode Fenster in Schulen sind häufig die Ursache unzureichender Luftwechsel und lassen, wenn überhaupt, nur eingeschränktes Stoßlüften zu. Bei dem Test der vierten Schulklasse konnten drei Fenster lediglich einen kleinen Spalt breit gekippt werden – nur ein Fenster funktionierte.

Für gesunde Luft im Klassenzimmer

Unzureichender Luftwechsel ließ den CO2-Gehalt bei geschlossenen Fenstern schnell von 1.000 auf 3.000 ppm ansteigen; damit waren die zulässigen Grenzwerte um ein Vielfaches überschritten.

Die Luftqualität im Klassenraum ließ sich im Zuge des Selbsttests der Schüler durch zwei während der viermonatigen Studie verwendete Eco Clean-Geräte von EFS Schermbeck akzeptabel verbessern. Die Geräte reinigen die belastete Luft von allen Substanzen wie ultrafeinen Staubpartikeln, flüchtigen Raumgiften, Sporen, Allergenen, Pollen, Keimen, Bakterien – ohne Lärmbelästigung, bei gleichzeitiger Sauerstoffaktivierung. Geräte und Messtechnik für die Schüler sponserten der Hersteller und Eckhard Steinicke von der Steinicke Handelsgesellschaft. „Das Referenzprojekt hat gezeigt, dass die Technik bereits mit geringen Investitionen auf andere Schulen übertragbar ist“, analysierte Steinicke, Initiator des Innovationsforums Gebäudetechnik. Brisant sei dabei, dass der Berliner Senat den „Leitfaden zur Raumluftkonditionierung in Schulen“ zurückgerufen habe. Zahlreiche Studien hätten bereits nachgewiesen, dass sich die Leistungsfähigkeit von Personen bei schlechter Raumluftqualität reduziert und dass gesundheitliche Beeinträchtigungen häufiger auftreten. „Der Gefahr sind die Schwächsten der Gesellschaft ausgesetzt: Schulkinder“, warnte Steinicke.

Effiziente Wohnungslüftung

Als durchschlagende Entwicklung der vergangenen Jahre habe sich das mit Fachplanern erarbeitete Konzept einer Verbindung des Wohnungslüftungssystems Airoset von Steinicke mit dem Fensterfalzlüfter Regel-air von Innoperform mit Grund- und Bedarfslüftung herausgestellt – beispielsweise beim Hochhaus am Zwickauer Damm in Berlin-Gropiusstadt. Das Wohnhochhaus Baujahr 1968/69 mit 86 Meter Höhe, 28 Etagen und 304 Wohnungen war unter Beachtung der Energie-Einsparverordnung und des Feuchteschutzes eine Herausforderung hinsichtlich einer Planung der Lüftungstechnik.

Zur Gewährleistung des Luftwechsels und zur Vermeidung von Schimmelbildung durch eine zu hohe Luftfeuchte entschied sich die Wohnungsgesellschaft Degewo bei den fensterlosen Badezimmern oder WC-Räumen sowie in den Küchen für eine Grundlüftung (24 Stunden am Tag) mit Wandfortluftautomaten und für die Bedarfslüftung mit integrierten Feuchtefühlern. Für eine nutzerunabhängige Querlüftung sorgen Fensterfalzlüfter. Der soziale Wohnungsbau soll durch serielles Bauen bezahlbarer werden; zulasten von Fensterflächen und entgegen den Normungsvorgaben, wie Branchenakteure befürchten. Erste Entwürfe zeigen, dass Fensterflächen geringer ausfallen könnten.

Serielles Bauen mit viel Fensterfläche

Die Solid.Box, ein mobiles Wohnmodul aus Smart-Beton, setzt dagegen auf eine große Fensterfläche und feierte auf der bautec Premiere. Ein Zurück zur grauen Betonplatte werde es hoffentlich nicht geben, sagte Theresa Keilhacker, Vizepräsidentin der Architektenkammer Berlin. „Durch den Technologiesprung der vergangenen Jahre in der Vorfertigung sowie beim Einsatz nachwachsender Rohstoffe wie von Holz oder vorgehängten, hinterlüfteten Fassadenplatten lassen sich mit seriellem Bauen individuelle Projekte realisieren“, ergänzte sie. Fenster nur noch als Schießscharten auszubilden, halte sie für kontraproduktiv – wie eine Aufweichung von Normen.

Über die neue Bauweise mit Smart-Beton und großzügiger Fensterfläche erkundigte sich die Bundesministerin Dr. Barbara Hendricks beim Messerundgang über die bautec am Messestand von Solid.Box. Mit neuen Bau- und Denkweisen für serielle Wohngebäude ist es dem Entwickler-Firmenverbund aus dem Münsterland gelungen, die vor zwei Jahren gestartete Entwicklung erstmals der Öffentlichkeit vorzustellen.

Tageslicht für sozialen Wohnungsbau

Durch den angespannten Wohnungsmarkt hatte der Firmenverbund lange vor der Flüchtlingswelle Anfragen von Kommunen aus dem Großraum des Ruhrgebiets. Während der bautec überzeugte sich die Ministerin, wie bezahlbarer sozialer Wohnungsbau funktional und komfortabel umgesetzt werden kann. „Der Innovations- und Kostendruck im Wohnungsbau ist in den vergangenen Jahren ständig gestiegen und erfordert immer komplexere Lösungen. Deshalb starteten wir die Entwicklung der Wohnmodule für preiswertes Wohnen mit Wohlfühlfaktor und ausreichend Fensterfläche für Tageslicht“, sagte Geschäftsführer Wolfgang Büscher, Betonwerk Büscher.

„Dank des Vorlaufs von zwei Jahren können wir finanzierbare und zukunftsorientierte Lösungen bieten. Die unerwartet hohe Nachfrage auf der Messe hat uns darin bestätigt, im sozialen Wohnungsbau Meilensteine zu setzen“, sagte der technische Solid.Box-Entwickler Hermann Stegink.