Fassade: Standard vs. 3D-Individualisierung Markante Architektur als Aushängeschild

Für sein Boarding House hat ein 3D-Dienstleister ein Verfahren mit Alleinstellungscharakterfür die Fassade entwickelt. Das Präzedenzprojekt zeigt, wie 3D-gedruckte Produktionsmittelim Bauwesen kostengünstig herstellbar und so eine Alternative zu Standardverfahren sind.

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    © Fit AG
    Das neue Boarding House auf dem Campus der Fit Additive Manufacturing Group im oberpfälzischen Lupburg zeigt die vielfältigen Möglichkeiten des 3D-Drucks auf.
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    Je nach Lichtverhältnissen sorgt die Oberfläche mit den Reliefvertiefungen für ein lebendiges Spiel von Licht und Schatten.
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    Für die Fassade hat Verotec 2.250 Platten aus dem mineralischen Leichtfüllstoff Verolith verbaut.

In den kommenden Jahren sollen Architekten und Bauunternehmen vermehrt vom Potenzial der additiven Fertigung profitieren. Den Trend hin zum 3D-Druck treibt die Fit Additive Manufacturing Group im oberpfälzischen Lupburg voran. Der Dienstleister versteht sich als Pionier der Technologie und stellt Prototypen, Produktionshilfsmittel, 3D-gedruckte Ersatzteile und additiv gefertigte Endbauteile her. Vom Produktdesign über die Konstruktion und Herstellung bis hin zur Nachbearbeitung deckt das 300 Mitarbeiter zählende Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette des 3D-Drucks ab. Neben dem Headquarter betreibt die Fit AG weitere Standorte in Feldkirchen, Brasov (Rumänien), Schukowski (Russland) sowie in Peoria und Southborough (USA). Der Umsatz lag im Jahr 2017 bei 25,4 Millionen Euro.

„Mit der additiven Fertigung können komplexe Formen im Laserverfahren günstiger und schneller hergestellt werden.“

Die Idee zur Errichtung eines Boarding Houses entstand mehr oder weniger aus der Not heraus. „Wir begrüßen zunehmend Kunden aus Übersee“, sagt Carl Fruth, CEO der Fit AG, zu den Beweggründen für die Investition. „Bisher waren die örtlichen Hotelkapazitäten ein limitierender Faktor für unser Wachstum.“ Darüber hinaus wolle das Unternehmen für Mitarbeiter ein attraktiver Arbeitgeber sein.

Funktionalität trifft Design

Zusammen mit dem Architekturbüro Berschneider + Berschneider und Systemhersteller Sto brachten die Produktdesigner der Fit AG das Projekt Fassade 3000, eine Fallstudie für 3D-gedruckte Produktionsmittel, auf den Weg.

Um ein hohes Maß an Funktionalität und anspruchsvolles Design zu vereinen, setzten die Projektpartner auf eine matt-dunkle Oberfläche mit komplex angeordneten Vertiefungen, die abhängig von den Lichtverhältnissen für ein lebendiges Spiel von Licht und Schatten sorgt. Die Formensprache greift die Polygone der Mesh-Strukturen, die so genannten STL-Dreiecke, auf, aus denen die Datensätze in der additiven Fertigung bestehen. Die Aufgabe bestand in der Umsetzung darin, für Sto ein kostengünstiges Werkzeug für die Sonderanfertigung der Verlegeplatten herzustellen, die – auch für große Fassadenflächen – eine wirtschaftliche Produktion ermöglichen.

Effizienter Produktionsworkflow

Fit konstruierte und fertigte die Einleger als Produktionsmittel für die Herstellung der Reliefvertiefungen. „Mit den Möglichkeiten der additiven Fertigung können komplexe Formen im Laserverfahren deutlich günstiger und schneller hergestellt werden als beispielsweise durch Fräsen“, erläutert Christian Thaler, Produktdesigner bei Fit, die Vorteile des 3D-Drucks im Verhältnis zu standardisierten Verfahren. „Als Metall bot sich Aluminium an. Es ist günstig und bietet mehr Designfreiheit als Stahl.“ Die additiv gefertigten Elemente mussten lediglich gestrahlt und plan geschliffen werden und waren ansonsten sofort einsatzfähig. Bei Sto konnten sie einfach und schnell im Fassadenwerkzeug, in den Leichtbauplatten des Typs Verolith von Verotec, verbaut werden. Die Platten wurden dann mitsamt ihrem Reliefdekor in einem industriellen Prozess gepresst und entformt. Der Workflow ermöglichte eine Produktionsgeschwindigkeit von 20 Platten gleichzeitig in der Rotation.

„Individualisierte Häuserfassaden werden in fünf Jahren nur noch unwesentlich mehr kosten als der Standardfall.“

Mittlerweile hat die Fit AG ihr neues Boarding House auf dem Campus in Lupburg eröffnet. Der sechsgeschossige Neubau erstreckt sich über eine Grundfläche von 23 mal 25 Meter und ragt knapp 17 Meter in die Höhe. Er bietet eine Kapazität von 47 Einzimmer- und Zweizimmer-Appartements. Für die Fassade wurden insgesamt 2.250 Fassadenplatten verbaut.

Inspiration für Architekten

Das Projekt Fassade 3000 veranschaulicht die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten, die dank des 3-Drucks realisierbar sind. Zudem soll es eine Breitenwirkung bei Architekten und Bauherren erzeugen. „Mit dem notwendigen additiven Know-how werden individualisierte Häuserfassaden in fünf Jahren nur noch unwesentlich mehr kosten als Standardfassaden“, prognostiziert CEO Fruth.