Lieber früher als später

Reinhold Kober, Chefredakteur GFF - © Foto:privat

Die Abläufe am Bau werden sich in den nächsten Jahrzehnten für immer verändern, sagen viele Analysten des Geschehens auf und neben der Baustelle. Die Gründe liegen bei allen am komplexen Prozess Beteiligten: Investor oder privater Endgebraucher fordern eine effektivere Kosten- und Qualitätskontrolle, der Architekt/Planer will und muss zugesagte bzw. vertraglich geschuldete Bauabläufe/Zeitpläne einhalten, dem bauausführenden Betrieb fehlen längst die Kapazitäten für personalintensive Nacherfüllung – mal abgesehen von nicht mehr vorhandenen wirtschaftlichen Spielräumen. Kurz: Wir müssen günstiger, schneller und besser bauen – genau, gleich drei Wünsche auf einmal. BIM weist übrigens exakt in diese Richtung, denn es ist eine Binse, dass besser planen muss, wer besser übergeben möchte. Dazu bedarf es eines Mehr an Transparenz infolge des mit der Methode intendierten Datenaustauschs.

Das ist das eine. Das andere bezeichnen Fachleute mit dem Begriff definierter Schnittstellen; diese sind für einen professionalisierten Bauablauf unabdingbar, natürlich auch haftungsrechtlich. Folgende Fragen stehen zur Beantwortung an: Wer liefert was bis wann in welcher Qualität – und wann kann er einen Haken dranmachen? In GFF 4/19 haben wir auf Seite 26 f. über eine Gemeinschaftsleistung der Firma Renggli und der auch hier wieder die Pace machenden Berner Fachhochschule (BFH) berichtet; der Holzbauer hatte für ein Budgetprojekt in Lenzburg die Wohnungen als Raummodule komplett vorbereitet, inklusive Bäder, Küchen, Beläge, Leitungen, so dass der Einbau der Module in das Gebäude mit einem Stahlgerüst als Tragwerk innert Stunden mit einem Tieflader erfolgte. Die Folge sind kürzere Bauzeiten, Fehlervermeidung, Kostenreduktion, aber auch der Verzicht auf die bei uns oft ins Unendliche getriebene Zahl an Varianten. Keine Frage: Das hat enorme Auswirkungen, weil auf der Lieferantenseite Produzenten mit ausgeprägter Vertikalität in der Fertigung bevorteilt sind (eigenes Iso, eigene Profile usw. reduzieren Schnittstellen schon in dieser Phase) und sich Allround-Montagespezialisten mit Zugriff auf alles mögliche technische Gerät etablieren werden.

Neubau und das Sanierungsgeschäft werden sich losgelöst voneinander entwickeln. Bedenkt man dann noch, dass die Amerikaner zumindest in den von Demokraten regierten Staaten, wie der Spiegel gerade für den Big Apple berichtet, jetzt anfangen, Glasfassaden aus Klimaschutzgründen zu verbieten, wird der verbleibende Mittelstand gemeinsam daran arbeiten müssen, für alle praktikable Lösungen für den Bestand zu entwickeln – und zwar besser früher als später. Sonst wird das Rückenleiden vieler Monteure schnell zum Phantomschmerz einer Branche, die auf Umsatz durch Energieeffizienzgesetze hoffte.

Bis zum 4. Juli stimmen Sie exklusiv auf www.gff-magazin.de unter diesen Vorschlägen für das GFF-Wunschthema in der Oktoberausgabe 2019 ab.

1. Der große Recycling-Vergleich: Alu im Kreislauf, Holz in Erklärungsnot? Wir fragen auch bei den PVC-Fensterherstellern sowie der Glasfraktion nach.

2. Sesam, öffne dich: Bedienelemente am Fenster, zumindest sichtbare, waren gestern – die Recherche führt zu Vordenkern künftigen Elementedesigns.

3. Ungelernte auf der Baustelle – geht das? Wir sprechen mit Insidern über (fehlende) Qualifizierungsmöglichkeiten für Monteure und teure Folgen.

Ihr

Reinhold Kober