Nachgefragt „Keiner kann die Physik überlisten.“

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Rehau hat mit dem 80-Millimeter-PVC-System Synego und der Lüftungslösung Geneo Inovent Akzente auf der fensterbau/frontale gesetzt. Mit Jürgen Hoffmann, verantwortlich für das Fenstergeschäft in Zentraleuropa, sprach GFF auch über künftige Marktstrukturen.

Jürgen Hoffmann leitet bei Rehau die Business Unit Fenster/Fassade Central Europe. - © Kober

GFF: Herr Hoffmann, warum positionieren Sie mit Synego ein neues System unterhalb von Rau-Fipro?

Hoffmann: Geneo bleibt unser aktuelles Topprodukt. Es macht uns stolz, dass wir damit mehr als 30 Prozent unserer Umsätze mit Fensterprofilen in Deutschland machen. Übrigens haben bei der Vorstellung des 80-Millimeter-PVC-Systems Synego in Nürnberg viele Kunden von sich aus gesagt, wie wichtig für sie Geneo ist und weiterhin sein wird. Klar ist aber auch, dass ein Profilsystem aus einem Hochleistungswerkstoff wie Rau-Fipro mit spezifischen Eigenschaften etwa bei der Wärmedämmung verbunden mit hoher Stabilität und der Möglichkeit großer Elemente seinen Preis hat. Es ist oftmals nicht einfach, die vielen Vorteile von Geneo über die gesamte Vertriebskette bis zum Endkunden nach vorne zu bringen. Trotz der hohen Anforderungen im deutschen Markt gibt es ein Marktsegment, das nicht immer mit einem so hochwertigen Produkt wie Geneo erreichbar ist.

Womit punktet Synego?

Zunächst gibt es einen klaren Trend hin zu bautiefen Systemen. Da sehen wir uns mit einem 80-Millimeter-System auf dem richtigen Weg. Synego bietet mit Anschlag- und Mitteldichtung einen Uf-Wert von ≤ 1,0 W/m2K und ist prädestiniert für die Aufnahme von Dreifachscheiben. Dazu kommen die große Farbvielfalt und eine schlanke Profilansicht von 117 Millimeter.

Der Countdown läuft bis März 2015. Wäre es nicht schöner gewesen, zur Messe alles fertig zu haben?

Es passt nicht immer alles in den Zweijahresrhythmus. Unser Anspruch ist es, am Tag der Markteinführung komplett zu sein und nicht nur einen Blendrahmen, Flügel und Pfosten anzubieten; wohl wissend, dass das für den Verarbeiter nicht befriedigend ist. Bei Synego sprechen wir ja über 38 Profile.

Geneo kommt weitgehend ohne Stahl aus und ermöglicht sehr große Abmessungen. Dieses Argument ist aber hier hinfällig, oder?

Keiner kann ja die Physik überlisten. Und Synego ist aus den dargestellten, eben insbesondere wirtschaftlichen Gründen ein PVC-System. Also wird es andere Größenbegrenzungen geben als bei unserem Topprodukt Geneo. Bei einem reinen PVC-System kommt die Statik eben in erster Linie durch den Einsatz von Stahlarmierungen. Allerdings spielt sie dann auch eine große Rolle beim U-Wert. Wir haben bei der Entwicklung von Synego viel Wert auf den Einsatz von Armierungen gelegt, mit denen unter Beibehalt des ausgelobten U-Werts der größte Anteil der Fenster gebaut werden kann. Deshalb möchte ich hinzufügen, dass die Verarbeiter bei der Beurteilung eines Profilsystems beim Stahl genau hinsehen sollten. Das gilt vor allem für die zum Teil genannten U-Werte; da stellen sie oft fest, dass die im dargestellten Aufbau bei einem U-Wert von 1,0 oder
1,1 W/m2K verwendeten Stahlarmierungen nicht für eine breite Anwendung genutzt werden können. Setzen sie die dazu erforderliche Armierung ein, sind sie eben schnell bei einem Uf-Wert von 1,1 oder 1,2 W/m2K.

Wie lange dauerte die Entwicklung?

Die ersten Überlegungen liegen zwei Jahre zurück. Irgendwann fällt dann die finale Entscheidung, ob der Weg bis zur Markteinführung beschritten wird. Dann wird mit Hochdruck daran gearbeitet. Gehen Sie also davon aus, dass alles, was einen Kopf und zwei Arme hat, bei Rehau derzeit am Thema Synego dran ist. Das Ergebnis wird nächstes Jahr sicherlich für den Markt und den Verarbeiter interessant sein.

Werden Sie ältere Systeme ersetzen?

Was ich mir vorstellen kann, ist, dass der eine oder andere Verarbeiterkunde irgendwann farbige Oberflächen in Synego und Geneo abbildet und 70-Millimeter-Anforderungen dann eben nur noch in Weiß anbietet. Von unserer Seite ist geplant, Euro-Design 86 plus mittelfristig aus dem Programm zu nehmen. Den Zeitpunkt dafür bestimmen unsere Kunden. Das 70-Millimeter-System wird sicherlich weiter Bestand haben, zumal wir auch in Märkten tätig sind, in denen Systeme dieser Bautiefe immer noch weit vorne sind.

Kommen wir auf die Lüftungslösung Geneo Inovent zu sprechen. Das ist ja auch in der Montage nicht ohne, wie stellen Sie sich die Qualifizierung vor?

Das ist für uns ein wichtiger Punkt. Grundsätzlich schulen wir an unserer Akademie in Erlangen. Da aber immer weniger Kunden die Zeit für eine Dienstreise haben, gehen wir seit längerer Zeit in die verschiedenen Regionen und stoßen auf großes Interesse. Wir machen das Angebot, hochwertige Lüftungsfenster in den Markt zu bringen, allen Verarbeitern und qualifizieren diese auch entsprechend.

Das klingt ambitioniert.

Möglichkeit eins ist die komplette Konfektionierung durch den Verarbeiter. Möglichkeit zwei ist, dass der Kunde einen Rohling bezieht, den er passend zum Auftrag konfektioniert. Das hat den Hintergrund, dass im Rahmen umfangreiche Ausfräsungen präzise zu machen sind, um die Technik aufzunehmen. Möglichkeit drei ist der Bezug von komplett konfektionierten Fenstern ohne Glas. Für die letzten beiden Varianten arbeiten wir mit Partnern zusammen. Wir möchten allen Anbietern von Fenstern aus Rehau-Profilen Gelegenheit geben, das Produkt anzubieten und sich im Markt abzuheben.

Wie sieht die Strategie für die Marktbearbeitung aus?

Wenn wir die Automation am Fenster nach vorne bringen wollen, müssen wir viel dafür tun. Bisher ist das Lüftungsthema stark an der Norm aufgehängt. In vielen Fällen beschränkt sich der Fensterfachmann in der Sanierung hinsichtlich des Lüftungskonzepts auf seine Hinweispflicht – danach verläuft das Thema häufig im Sand. Wir orientieren uns an den Bedürfnissen des Nutzers und an den Wohnsituationen, die sich geändert haben. Es gibt immer mehr Singlehaushalte, oft sind die Bewohner die ganze Woche unterwegs. Da hat es viel mit Komfort, Behaglichkeit und Wohlbefinden zu tun, nicht in die seit Tagen stehende Luft nach Hause zu kommen. Wir glauben, dass solche Argumente stärker sind, als zu sagen: Du musst das machen, weil es die Norm vorschreibt. Für den Kunden ist Geneo Inovent ein klares Alleinstellungsmerkmal. Die Chance sollte genutzt werden.

Neben der Marktkonzentration war die große Zahl osteuropäischer Aussteller das Thema der Messe. Wie stellt sich Rehau vor dem Hintergrund auf?

Wir haben uns darüber Gedanken gemacht, wie wir positioniert sind. Wir setzen auf organisches Wachstum und verfolgen aktuell keine Strategie zur Übernahme von Wettbewerbern. Wir sehen darin weder Nutzen noch Synergien für unsere Partner im Fensterbau. Rehau setzt seine Mittel und Ressourcen für eine auf die jeweiligen Märkte ausgerichtete Programmpolitik, Ser­vices und Dienstleistungen ein. Wir wollen ein zuverlässiger Partner mit einer starken Marke für die Kunden sein und sie in ihrem Markt starkmachen. Den deutschen Kunden bieten wir mit Synego und Geneo sowie Geneo Inovent Lösungen, die den Anforderungen dieses Marktes optimal gerecht werden.