PVC-Fenster-Recycling Kein Weltretter, aber ein Vorbild

Mehr und mehr Plastik schwimmt im Meer. Die gelbe Tonne sorgt in Privathaushalten nicht für eine erhöhte Wiederverwertung von Kunststoffen. Viele Fenster bestehen aus PVC. Wie sieht esin der Fensterbranche mit dem Recycling aus? GFF hat recherchiert.

Aus ausgebauten PVC-Fenstern entstehen beim Recycling neue Fenster. - © Rewindo

Noch gehört das Meer den Fischen, ab dem Jahr 2050 schwimmt dort aber mehr Plastik als Fisch. Das geht aus einer Berechnung der EU-Kommission hervor, die daher Einmalprodukte aus Kunststoff verbieten will. Das schließt Strohhalme, Plastiktüten, Gesichtspeelings, Wattestäbchen und Seifenspender ein. Kunststoffe – und vor allem deren Entsorgung – stehen immer wieder in der Kritik.

Auch bei Fenstern kommt bekanntlich Kunststoff in Form von PVC zum Einsatz. Die europäische PVC-Branche hat sich dazu verpflichtet, PVC-Abfälle in den Wertstoffkreislauf zurückzuführen. Das verspricht indes auch der Grüne Punkt, und trotzdem wurden laut Umweltbundesamt nur 41,7 Prozent der Kunststoffabfälle aus privaten Haushalten im Jahr 2015 stofflich wiederverwertet.

Die Fensterbranche scheint hier eine Ausnahme zu sein. Rewindo, eine Recycling-Initiative der deutschen Kunststoffprofilhersteller für ausgebaute Fenster, Rollläden und Türen aus Kunststoff, legt Zahlen zum PVC-Fenster-Recycling vor. Sie zeigen, dass es in der Fensterbranche besser läuft als im privaten Haushalt. Im Jahr 2017 lag das Bruttopotenzial für Altfenster, - rollläden und -türen bei 49.020 Tonnen. Damit ist die Menge an Material gemeint, die für das Recycling vergangenes Jahr infrage kam. Erfasst wurden davon etwa 36.300 Tonnen. Hier fallen Fenster weg, die z.B. im gemischten Container gelandet sind oder vor dem Abriss nicht demontiert wurden. 32.161 Tonnen verwertete das Rewindo-System. Von dem potenziell zur Verfügung stehenden Altmaterial werden demnach etwa 65 Prozent recycelt. Wenn man von dem erfassten Material ausgeht, entspricht die Recycling-Quote sogar fast 90 Prozent.

Luft nach oben

Die Quote ist hoch, aber was passiert mit dem Rest? „Für die Entsorgung von PVC-Fenstern gibt es zwei Möglichkeiten: Recycling oder Verbrennung“, erklärt Michael Vetter, Rewindo-Geschäftsführer. „Das Recycling ist preislich gesehen häufig günstiger als die Verbrennung, aber bei einigen Unternehmen siegt die Bequemlichkeit.“ Fachbetriebe entsorgen Altfenster über einen Entsorger oder bringen das Material selbst zum Recycler. Entsorgungsunternehmen wie Breitsamer in München sammeln Fenster separat in Containern, verarbeiten sie zu Granulat und verkaufen dieses an Wiederverwerter. „Bei uns sind das etwa zwei Ladungen von 40 bis 50 Tonnen pro Jahr“, sagt Michael Kayser vom Vertrieb bei Breitsamer.

Aber nicht alle Entsorger bemühen sich um eine Wiederverwertung. „Für sie ist der Aufwand zu hoch, Fenster zu recyceln, weil sie in Mischcontainern ankommen“, sagt Norbert Bruns, Geschäftsführer der Veka-Umwelttechnik.

„Im Moment verpflichtet sich die Fensterbranche auf freiwilliger Basis zu einer Produktverantwortung. Wenn das nicht läuft, dann könnte ein vom Staat vorgelegtes System die Konsequenz sein und dann ist man nicht mehr so flexibel“, sagt Vetter. Aus diesem Grund arbeite Rewindo verstärkt mit Abbruchunternehmen und Entsorgern zusammen, gehe aktiv auf Fensterbauer zu und richte immer mehr regionale Annahmestellen für Altfenster ein.

„Das Recycling kann zur Nebendienstleistung des Fachhandwerkers werden“, sagt Vetter. Wer sein Fenster bei einem Rewindo-Partner abgebe, bekomme im besten Fall etwas für die Fenster, anstatt Geld für eine Entsorgung via Container zu bezahlen. Ob die Rückführung gratis ist, etwas kostet oder Geld bringt, kommt auf die Preissituation auf dem Rohstoffmarkt an, betont Bruns: „PVC macht gerade einen Wandel mit, den Stahl bereits erlebt hat.“

Kein Qualitätsverlust

Rewindo gibt an, dass Kunststofffenster mindestens sieben Mal ohne Qualitätsverlust recycelt werden können. Das bedeutet, die Recyclingkette ist endlich. Demnach handelt es sich streng genommen nicht um Recycling, sondern um Downcycling. Ein Beispiel für Letzteres ist Papier, welches durch den Recycling-Prozess an Qualität verliert. „Wenn man ein Fenster sieben Mal recyceln würde, wäre das Fenster 300 Jahre da. Das ist mehr als genug für ein Fenster“, entgegnet Bruns.

Aus der Studie des Verbands Fenster+Fassade (VFF) geht hervor, dass pro Jahr etwa siebeneinhalb Millionen Kunststofffenster in Deutschland abgesetzt werden. „1,8 Millionen Fenster kommen durch Recycling zurück“, sagt Vetter. „Kein Fenster geht 1:1 wieder zurück in ein Recyclingfenster, da wir mehr Fenster produzieren als für die Wiederverwertung zur Verfügung stehen. Das Rezyklat wird mit Produktionsabfällen, Abschnitten und Inhousematerial vermischt.“ Der Recyclingfaktor von sieben erhöhe sich so auf etwa 70. Die Wiederverwertung von PVC-Fenstern sieht Vetter daher nicht als Downcycling. „Es ist ein geschlossener Kreis. Das bezeichne ich als Recycling.“

Das polnische Unternehmen Drutex wirbt damit, Fenster- und Türprofile ausschließlich aus Primärrohstoff der Klasse A herzustellen. „Dass die Qualität von Fenstern aus Rezyklat geringer ist, ist Quatsch. Das ist der Versuch, ein vermeintliches Alleinstellungsmerkmal zu kreieren“, sagt Vetter. In Polen tue man sich noch schwer, im Recycling-System mitzumachen. Bruns teilt diese Meinung: „Das ist nur Marketing. In Polen gibt es eben noch keine alten Fenster, PVC-Fenster sind dort ein junges Produkt.“

Für die Umwelt

In den Medien hat Kunststoff ein schlechtes Image. „Beim PVC-Fenster gibt es in dieser Hinsicht einen Denkfehler: Das ist ein langlebiges Produkt und kein Strohhalm, der nur einmal verwendet wird“, sagt Vetter. Das PVC in Kunststofffenstern sei hochwertig. Die Industrie brauche den Rohstoff. Beim Recycling werde kein Erdöl abgebaut, man spare CO². „Selbst wenn wir alle Kunststofffenster in ganz Deutschland recyceln, retten wir nicht die Welt. Aber wir sorgen dafür, dass das Material nicht verbrannt, sondern wieder in den Kreislauf zurückgeführt wird“, fügt der Rewindo-Geschäftsführer hinzu.

PVC-Fenster-Recycling scheint ein funktionierender Kreislauf zu sein, der zumindest dazu beiträgt, dass die Umwelt nicht unter den PVC-Fenstern leidet.