Kartelluntersuchung der EU abgeschlossen Hohe Strafen gegen Beschlaghersteller

Die EU-Kommission sieht die Beteiligung von neun europäischen Fensterbeschlag-Herstellern, darunter sieben deutsche Unternehmen, an einem Kartell als erwiesen an und hat gegen die Beteiligten Firmen eine Geldstrafe von insgesamt 85,876 Millionen Euro verhängt.

Die EU-Kommission hat gegen neun europäische Fensterbeschlag-Hersteller hohe Geldbußen wegen eines Verstoßes gegen das EU-Kartellrecht verhängt. - © Heiler

Verstoß gegen das EU-Kartellrecht


Die Unternehmen verstießen laut der Europäischen Kommission mit ihrer Beteiligung an einem Kartell gegen das EU-Kartellrecht, in dem sie gemeinsame Preiserhöhungen vereinbarten. Die Unternehmen hätten von November 1999 bis Juli 2007 wettbewerbswidrige Absprachen getroffen und damit den Käufern von Fenstern in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) geschadet. Am Kartell seien nach Angaben der Kommission die deutschen Unternehmen Roto, Gretsch-Unitas, Siegenia-Aubi, Winkhaus, Hautau, Fuhr und Strenger sowie Maco aus Österreich und AGB aus Italien beteiligt gewesen.

Begründung der Geldbußen


Die Geldbußen richten sich nach Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung. "Die Kommission muss sicherstellen, dass die Bußgelder die notwendige Abschreckungswirkung entfalten. Bei der Schwere ist zu berücksichtigen, dass Preisabsprachen zwischen Wettbewerbern zu den schwerwiegendsten Verstößen gehören", kommentiert Maria Madrid, Pressesprecherin der Europäischen Kommission auf Nachfrage von Glas Fenster Fassade. Die Höhe der Geldstrafen legte die EU-Kommission nach den Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 fest. Die Kommissare berücksichtigten laut einer offiziellen Pressemitteilung dabei den Umsatz der beteiligten Unternehmen mit den betreffenden Produkten im EWR, die besondere Schwere des Verstoßes, seine Dauer sowie die Tatsache, dass das Kartell den gesamten EWR betraf. Da die meisten an diesem Kartell beteiligten Unternehmen einen großen Teil ihres Umsatzes mit Fensterbeschlägen erzielen, hätten die Geldbußen bei fast allen Kartellmitgliedern die in der Kartellverordnung festgelegte Obergrenze von zehn Prozent ihres weltweiten Umsatzes erreicht. Die Kommission habe von ihrem Ermessen nach Ziffer 37 der Leitlinien (siehe IP/06/857 und MEMO/06/256)) Gebrauch gemacht und die Geldbußen ermäßigt, um zu berücksichtigen, inwiefern es sich bei den betreffenden Unternehmen um Einproduktunternehmen handelt und wie unterschiedlich stark sie am Kartell beteiligt waren.

Bußgeldhöhe für die einzelnen Unternehmen


Nach der Festlegung der EU-Kommission müssen die betroffenen Unternehmen Geldstrafen in unterschiedlicher Höhe zahlen:
Gretsch-Unitas: 20,552 Millionen Euro
Winkhaus: 19,537 Millionen Euro
Siegenia-Aubi: 18,995 Millionen Euro
Maco: 18,501 Millionen Euro
Hautau: 3,179 Millionen Euro
AGB: 2,793 Millionen Euro
Fuhr: 2,215 Millionen Euro
Strenger: 0,104 Millionen Euro
Roto entging einer Strafzahlung aufgrund der Kronzeugenregelung, weil das Unternehmen als erstes der beteiligten Mitglieder Informationen über das Kartell an die Kommission weitergab. Die Geldbußen für Gretsch-Unitas und Maco wurden aufgrund ihrer Mitwirkung an der Untersuchung um 45 bzw. 25 Prozent ermäßigt. Der Beschluss der Kommission ist noch nicht rechtskräftig. Die Unternehmen können gegen den Beschluss Klage beim Europäischen Gericht einreichen. Die Bußgelder sind innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Beschlusses zu zahlen. "Sofern ein Unternehmen gegen den Beschluss klagt, kann es statt der Zahlung des Bußgeldes eine Bankgarantie beibringen", erläutert Madrid.

Kommission will entschieden gegen Preisabsprachen vorgehen


Der für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsident der Kommission, Joaquín Almunia, begründet die Härte der Entscheidung: „Fensterkäufer in ganz Europa wurden wohl mehr als sieben Jahre lang durch diese Preisabsprachen geschädigt. Wir werden entschieden gegen solche rechtswidrigen Verhaltensweisen vorgehen, ob sie nun von großen Multinationalen Unternehmen praktiziert wurden oder von Familienbetrieben." Obwohl er die auferlegten Bußgelder "als angemessen" bezeichnet, seien sie recht hoch verglichen zum Umsatz der Unternehmen. "Die Unternehmen werden fortan zweimal überlegen bevor sie jemals wieder daran denken, Preise abzusprechen", erklärte Almunia weiter.

Reaktionen der Unternehmen

In einer ersten Reaktion auf die Entscheidung aus Brüssel nahmen einige der betroffenen Unternehmen Stellung: "Wir nehmen die Entscheidung der Europäischen Kommission zur Kenntnis und kooperieren mit den Behörden. Sobald uns die ausführliche Stellungnahme vorliegt, werden wir prüfen, inwieweit die Einschätzung der Europäischen Kommission einer gerichtlichen Überprüfung unterzogen werden soll", sagt Ismail Sayguen, Sprecher von Siegenia-Aubi.

Winkhaus will den Bußgeldbescheid eingehend juristisch prüfen, um die Frage zu klären, ob das Unternehmen Rechtsmittel einsetzen wird. In finanzieller Hinsicht habe Winkhaus hinreichend Vorsorge getroffen. Auf Nachfrage von GFF-Online teilte Winkhaus mit, man wolle aktuell zu dem Thema derzeit keine weiteren Fragen beantworten, da die Entscheidungsgründe der EU-Kommission noch nicht vorliegen.