Kurz gefragt „Handwerk sollte verdiente Anerkennung erfahren“

Kneer-Südfenster ist 2018 um fünf Prozent auf 110 Millionen Euro Umsatz gewachsen. Dass die Entwicklung positiv bleibt, dafür schafft Florian Kneer (39) mit konsequenter Ausbildung – 700 Mitarbeiter, 45 Azubis – die Voraussetzung. GFF hat ihn auf der Bau 2019 getroffen.

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    Firmenchef Florian Kneer (re.; 39) hat sich auf der Messe in München Zeit genommen für das Exklusivinterview mit GFF-Chefredakteur Reinhold Kober.
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    Das Modell Chalet der neuen Authentik-Linie von Kneer-Südfenster: Holz ist einer der Gewinner des Jahres 2018 gewesen.

GFF: Herr Kneer, fehlendes Personal ist zunehmend das Bottleneck in der Elementebranche – erleben Sie das auch so?

Kneer: Schon, wir sind 2018 um fünf Prozent auf 110 Millionen Euro Umsatz gewachsen. Aber es wäre mehr gegangen. Hemmnis Nummer eins war der verzögerte Baufortschritt auf vielen Baustellen. Das hat häufig Montagekapazitäten blockiert und wirkte sich dann auch auf die Dynamik aus.

Es fehlt Personal?

Ja, aber nicht nur. Mir hat sich bisweilen schon der Eindruck aufgedrängt, dass auch die aufgestellten Zeitpläne für die Baustellen-Planung wenig realistisch waren.

Erleben Sie im eigenen Unternehmen ebenfalls, dass die Arbeitsmärkte enger werden?

Doch, das ist so. Wir bilden konsequent aus und haben im Augenblick 45 Lehrlinge bei einer Gesamtzahl von 700 Beschäftigten im Unternehmen. Aber wir müssen präsent sein und um Fachkräfte werben, anderenfalls ist es schwierig, Stellen qualifiziert zu besetzen.

Wie war 2018 sonst noch, was hat besonders gut funktioniert?

Holz (strahlt), ja – das hat bei uns eine Renaissance erlebt, und zwar durchaus auch in Vollholz-Ausführungen wie der Holz-Haustür HT 82, die wir hier auf der Messe in der Authentik-Linie vorstellen. Das gilt auch für das Holzfenster HF 82, ebenfalls mit Bautiefe 82 Millimeter, das sich speziell in Denkmalschutz-Anwendungen großer Beliebtheit erfreut. Es gibt einen robusten Markt für Holzfenster und -türen, sofern sich Fragen nach Dauerhaftigkeit und Pflegezyklen zur Zufriedenheit des Kunden beantworten lassen. Mich freut das persönlich, schließlich erlernte mein Großvater und Firmengründer Alois Kneer 1932 selbst den Schreinerberuf.

Was steht im Jahr 2019 an, welche Weichenstellungen kommen auf Kneer zu?

Wir wollen die Abläufe verbessern, schneller und fehlersicherer machen. Zum Beispiel indem wir den Bestellprozess vereinfachen. Unsere Fachpartner erfassen Aufträge zunehmend so, dass wir die Daten gleich in unser System übernehmen und am besten direkt an die Herstellung weiterleiten können. Gleichzeitig ist es unsere Aufgabe, unsere Partner auf diesem Weg mitzunehmen.

Und der Endkunde?

Der hat dafür recht wenig Verständnis. Als ich 2012 nach dem plötzlichen Tod meines Vaters Horst Kneer die Verantwortung übernommen habe – mit tatkräftiger Unterstützung unserer Führungsmannschaft – da war die Endkundenberatung noch unverkrampfter. Heute dauert es häufig gefühlt ewig, bis bestimmte Entscheidungen gefallen sind. Dafür bekommen Sie danach kurzfristig einen Anruf, in dem der Kunde bekräftigt, eine Farbänderung müsse schon möglich sein, das Fenster sei ohnehin noch nicht lackiert.

Aber Fenster sind Hightech-Produkte.

Absolut, und auch auf der Baustelle gilt: Mit den zunehmenden Elementgewichten und der gleichzeitig steigenden Anschlusskomplexität bräuchten Sie eigentlich eine Mischung aus Popeye und Einstein. Deshalb bin ich der Meinung, dass das Handwerk endlich wieder die verdiente Anerkennung bekommen sollte. Aber das ist auch Sache von Elternhaus, Schule und Politik.

Macht Ihnen Ihre Tätigkeit Freude?

Auf jeden Fall, anders wäre die Führung eines Unternehmens in unserer Größenordnung nicht möglich. Ich wurde darauf vorbereitet, unser Familienunternehmen in dritter Generation zu führen, und habe die Herausforderung gerne angenommen.