Montage von einbruchhemmenden Bauelementen im Mauerwerk Hält oder hält nicht?

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Die Anforderungen an modernes Ziegelmauerwerk sind groß: Es muss energetisch optimiert sein und im Zusammenspiel mit einbruchhemmenden Bauteilen wirksam vor Angriffen schützen. Bei der sicheren Montage von Fenstern und Türen sind deshalb einige wichtige Faktoren zu beachten.

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    Widerstandsklasse RC3: Putzaufbau mit Gewebe in der unteren Lage im Armierungsputz, Leichtputz in der Mittellage und zweitem Gewebe in der oberen Lage
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    Aufbau mit 24 Millimeter Wanddicke: Für die Klasse RC2 ist ein verstärkter Putzaufbau aus Leichtputz und Gewebespachtelung erforderlich.
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    Schwacher Untergrund: Der Rahmenbefestiger FL von SFS ermöglicht RC2-geprüfte Lösungen selbst für Porenbeton gemäß der Festigkeitsklasse 2.
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    WDVS-Aufbauten: Das System JB-D/L erlaubt die Verlagerung des Befestigungspunkts in die Laibung und erfüllt dadurch die Anforderungen gemäß Klasse RC2.

„Irrer Coup – Einbrecher kamen durch die Wand“ titelte kürzlich eine große deutsche Tageszeitung. Immer mehr Kriminelle nutzen offensichtlich die Leichtbauweise von Häusern aus, um sich unerlaubten Zutritt zum Inneren zu verschaffen. Im Zuge der energetischen Optimierung der Gebäudehülle hat die Tragfähigkeit des Mauerwerks immer mehr abgenommen, die Materialien weisen poröse Strukturen auf und sind empfindlicher geworden. Dadurch haben Einbrecher mitunter leichtes Spiel.

Vor diesem Hintergrund haben Forscher des ift Rosenheim untersucht, inwieweit sich die Anforderungen von Bauherren nach Einbruchschutz und Wärmedämmung unter einen Hut bringen lassen. Modernes Ziegelmauerwerk wird gemäß Energieeinsparverordnung (EnEV) in niedrigen Rohdichte- und Druckfestigkeitsklassen von weniger als 12 hergestellt. Damit erfüllt es nicht die aktuell geforderten Druckfestigkeitsklassen gemäß DIN EN 1627. Im Forschungsprojekt „Einbruchhemmung mit hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk“ prüften die Wissenschaftler einbruchhemmende Bauelemente der Widerstandsklassen RC2 und RC3 gemäß DIN EN 1627 in unterschiedlichen Wänden. Im Fokus standen 19 Wandaufbauten mit einlagigem Leichtputz bis hin zu mehrlagigem Leicht- und Armierungsputz sowie insgesamt 41 Fenstereinbauten und zwölf Ziegeltypen, die den Großteil der hoch wärmedämmenden Produkte auf dem deutschen Markt repräsentieren. Untersucht wurden überwiegend Kunststofffenster, nur in zwei Wandaufbauten kamen Holzfenster zum Einsatz. Für Erfahrungen mit dem Sanierungsfall testeten die Profis Aufbauten mit 24 Millimeter Wanddicke.

Fenstermontage ist das A und O

Es zeigte sich, dass nicht nur die Ziegel und die Elemente selbst einen Einfluss auf die Einbruchhemmung haben – auch die Art der Montage und die verwendeten Befestigungsmittel spielen eine wichtige Rolle. Allerdings müsse in Abhängigkeit von der Widerstandsklasse des Bauelements noch ein entsprechender Standard-Außenputz ausgeführt werden, heißt es in dem Abschlussbericht. Dieser verlängere die Widerstandszeit gegen Angriffe auf die Befestigungsmittel und den Ziegel selbst. Generell nehme beim Angriff auf die Befestigungsmittel die Widerstandszeit mit steigender Anzahl der Befestigungsmittel zu, schlussfolgerten die Forscher. Zudem sei es vorteilhaft, Befestigungsmittel durch die druckfeste Hinterfütterung hindurchzuführen. Denn beim Angriff auf das Befestigungsmittel werde dieses durch das Material der Hinterfütterung geschützt.

Darüber hinaus stellten sie fest, dass eine Fenstertür dem Angriff dank der höheren Anzahl seitlicher Befestigungspunkte länger widersteht als ein kleinformatiges Fenster. In der Widerstandsklasse RC 3 sollten seitlich mindestens je zwei Befestigungsmittel angeordnet werden, lautet die Empfehlung. Deutlich positivere Erfahrungen machten sie mit Laibungsziegeln. Diese unterscheiden sich von herkömmlichen Steinen u.a. durch ein verändertes Lochbild, eine höhere Druckfestigkeit und andere Stegdicken. Für die Widerstandsklasse RC3 ist hier jedoch ein verstärkter Wandaufbau erforderlich.

Normenzulässigkeit in Aussicht

Auf Basis ihrer Prüfungen haben die ift-Forscher allgemeingültige Aussagen zur Befestigung einbruchhemmender Bauelemente in hoch wärmedämmendem Ziegelmauerwerk getroffen. Als Ergebnis erarbeiteten sie einen Vorschlag zur Erweiterung der Tabelle NA.2 der DIN EN 1627, der in den zuständigen Normausschuss eingebracht wurde. Nach derzeitigem Diskussionsstand wird er bei der anstehenden Überarbeitung des nationalen Anhangs 2019 umgesetzt. Damit soll dann auch die Verwendung einbruchhemmender Bauelemente der Widerstandsklassen RC2 bzw. RC3 in hoch wärmedämmendem Ziegelmauerwerk normativ zulässig sein.

Befestigungsmittel: Bisher sind Einzelprüfungen nötig

Die zunehmende Porosität des Mauerwerks macht vor allem Herstellern von Befestigungsmitteln zu schaffen. „Je geringer die Tragfähigkeit ist, desto höher sind die Anforderungen“, sagt Oliver Küppers, Vertriebsleiter bei SFS Intec. „Besonders deutlich zeigt sich dies u. a. beim Thema Einbruchhemmung.“ Durch genau die Tatsache, dass die DIN EN 1627 Mauerwerkstypen mit einer Mindestdruckfestigkeit der Klasse 12 vorschreibe, hoch wärmegedämmtes Ziegelmauerwerk jedoch in geringeren Druckfestigkeitsklassen hergestellt werde, sei die Montage in derartigen Wandtypen lediglich nach der Realisierung aufwändiger Einzelprüfungen möglich. „SFS hat deshalb eine Reihe eigener Einbruchprüfungen an unterschiedlichen Prüfinstituten vorgenommen und dazu z.B. Fensterelemente in Hochlochziegelsteinen bis Druckfestigkeitsklasse 6 oder diese im Zweischalenmauerwerk in der Dämmebene positioniert“, ergänzt Küppers. Das Ziel sei es, Verarbeitungsbetrieben größtmögliche Handlungssicherheit zu geben.

WDVS-Systeme sicher ausführen

Leistungsfähige Befestigungslösungen sind vor allem bei WDVS-Aufbauten gefragt. „Mindestrandabstände von 60 Millimeter bis zur Laibungskante sind bei normaler Durchsteckmontage nicht einzuhalten“, weiß Experte Küppers. „Das heißt, auftretende Kräfte werden nicht ausreichend ins Mauerwerk abgetragen, und dieses kann rund um die Befestigung an der Laibungskante ausbrechen.“ Zur Verlagerung des Befestigungspunkts in die Laibung hat SFS das JB-D/L-System im Programm. Wesentliche Merkmale sind eine Tragkraft bis 100 Kilogramm pro Befestigungspunkt bei maximaler Auskragung von ca. 40 Millimeter und die schnelle Montage. Zudem erfüllt es die Anforderungen der Klasse RC2, Prüfungen in stahlarmierten oder glasfaserverstärkten Fenstersystemen wurden laut SFS vorgenommen. Weitere Befestigungslösungen wie FB- oder FL-Schrauben für die Laibung oder das System JB-D für zweischaliges Mauerwerk ergänzen das Sortiment, um für jede Einbausituation und Fensterposition die passende Lösung bereitzuhalten.

Gefahr erkannt – Gefahr gebannt?

Auch wenn Einbrüche durch die Wand auf dem Vormarsch sind – die Mehrheit der Täter gelangt nach wie vor über Haus- und Terrassentüren sowie Fenster ins Gebäudeinnere. Jahrelang hat die Zahl der Wohnungseinbrüche zugenommen, jetzt gab es endlich wieder gute Nachrichten: Im Jahr 2018 wurden in Deutschland 97.504 Wohnungseinbruchdiebstähle verübt, was einem Rückgang von 16,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Seit 1997 lag die Zahl der Fälle erstmals wieder bei weniger als 100.000. „Dennoch sollte man den Einbruchschutz nicht vernachlässigen“, sagt Stephan Schmidt, Geschäftsführer des Fachverbands Schloss- und Beschlagindustrie (FVSB). „Die Gefahr ist keineswegs geringer geworden.“ Der Verband unterstützt die bundesweite, herstellerneutrale Initiative Nicht bei mir, die auf Sicherheitslücken in Haus, Wohnung und Büro hinweist und Tipps zu Vorsichtsmaßnahmen gibt. Das Ziel ist es, Bürger stärker für den Einbruchschutz zu sensibilisieren, damit sie für ein sicheres Zuhause aktiv werden.

In einem Faktenpapier informiert die Initiative z.B. über den mechanischen Einbruchschutz. Aufgeführt werden Sicherungen wie Einsteckschlösser und Schließbleche für Haus- und Wohungstüren, die den Einbruchschutz in den eigenen vier Wänden verbessern. Zur Nachrüstung an Fenstern und Fenstertüren empfiehlt die Initiative Pilzkopfzapfen, abschließbare Fenster und Zusatzverriegelungen. „Einen kleinen Anreiz in Sachen Einbruchschutz bietet das KfW-Förderprogramm“, rät Schmidt. „Eigentümer und Mieter erhalten einen Zuschuss von maximal zehn bis 20 Prozent der Investitionskosten bis höchstens 15.000 Euro.“