Nullemissions-Siedlung, Hannover Fenster für den Klimaschutz

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Die europäische Gebäuderichtlinie gibt vor, dass sich ab 2020 der Heizenergiebedarf in Neubauten auf ein Minimum reduzieren muss. Fenster sind für eine erfolgreiche Umsetzung dieser Nearly Zero Energy Buildings ein unverzichtbarer Faktor.

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    Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover setzt mit dem Neubaugebiet ein Zeichen für den Klimaschutz.
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    Im südlichen Stadtteil Wettbergen sind die zirka 300 Reihen-, Doppel- und frei stehenden Einfamilienhäuser in Passivhausbauweise längst bezogen.

Noch immer ist der Gebäudesektor in der Pole Position, wenn es um den Energieverbrauch geht: Zirka 40 Prozent der in Deutschland benötigten Energie kommt in Gebäuden zum Einsatz – in Privathäusern und öffentlichen Einrichtungen ebenso wie in Büros oder Industriehallen. Ganz vorne liegt der Verbrauch für Heizenergie. Angesichts von Erderwärmung und Klimawandel gilt es, diesen Anteil nachhaltig zu senken. Deshalb fördert die Politik die energetische Sanierung von Altbauten sowie die Errichtung besonders effizienter Neubauten. Das geht so weit, dass nach der europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) ab 2020 nur noch sog. Nearly Zero Energy Buildings errichtet werden dürfen.

Häuser im Passivhausstandard erreichen dieses Ziel mühelos. Ihr Energiebedarf liegt bei lediglich 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr; eine Heizung benötigen die meisten dieser Gebäude aufgrund ihrer hohen Dichtigkeit nicht. Um ein deutliches Zeichen für den Klimaschutz zu setzen, hat die Stadt Hannover 2012 mit dem Zero:E-Park ein zirka 25 Hektar großes Baugebiet ausgewiesen, um hier eine der größten Nullemissions-Siedlungen in Europa zu erschaffen.

Steigende Nachfrage nach Passivhausfenstern

Im Stadtteil Wettbergen am südlichen Zipfel der Landeshauptstadt sind inzwischen zirka 300 Reihen-, Doppel- und frei stehende Einfamilienhäuser in Passivhausbauweise entstanden. Zu den Bauherren gehört das Ehepaar Weiters, das sein Passivhaus im Frühjahr 2014 bezogen hat. Das Haus ist ein heller, freundlicher Kubus, den große Fenster zur Sonennseite hin öffnen. Der Bauherr hat es nach einem Selbstbau-Konzept mit Isorast-Schalungselementen mit seinen eigenen Händen errichtet. Die Passivhaus-konformen Kunststofffenster hat der Montagebetrieb Hausmann in Celle installiert. Bereits seit zehn Jahren baut Tischler Marc Hausmann Passivhausfenster ein, mit steigender Tendenz, wie er sagt: „Bei Aufträgen in Neubauten bauen wir fast nur noch Passivhaus-konforme Elemente ein – 80 Prozent beträgt der Anteil inzwischen.“ Die Türen und Fenster bezieht er von Hersteller Brömse in Haldensleben/Sachsen-Anhalt.

Dämmschicht als Herausforderung beim Einbau

Fast immer bauen Spezialisten die Fenster in Neubauten in der Dämmebene ein. Das sei wesentlich aufwändiger, weil dafür häufig erst eine Einbaumöglichkeit geschaffen werden müsse, sagt Hausmann – im Wärmedämmverbundsystem (WDVS) ließen sich die Fenster schwerlich montieren und dürften keine Wärmebrücke ausbilden. „Im Zero:E-Park wurde auf die Häuser teilweise eine Dämmung von 38 oder 40 Zentimeter aufgebracht – das ist schon eine echte Herausforderung für den einbauenden Betrieb“, sagt der Tischler. Deshalb baue er in Rohbauten noch vor dem Aufbringen eines WDVS einen Rahmen um die Fenster- und Türöffnungen, der dann bei der späteren Montage die Arbeit deutlich vereinfache. Danach gilt es, das Fenster anständig einzudichten und sauber an das Mauerwerk anzuschließen. „Da es in Zukunft in Europa nur noch Nearly Zero Energy Buildings geben wird, ist der Weg für Fensterhersteller und einbauende Betriebe klar vorgezeichnet – in Zukunft werden Fenster und Türen Passivhaus-konform sein und einen U-Wert von besser als 0,8 W/m²K aufweisen“, ist sich Marc Hausmann sicher.

Ein warmer Mantel für die Gebäudehülle

Anders sieht man das in einer größeren Tischlerei in Hannover: Die Nachfrage nach Passivhaus-geeigneten Fenstern liegt hier bei zirka 40 Prozent. Gerade in Mietshäusern würden auch langfristig Standardfenster eingebaut werden. Im Moment stehe beim Fensterkauf viel stärker die Einbruchsicherung im Fokus der Kunden, geben die Insider Auskunft. Der Passivhaus-Sachverständige Friedhelm Birth, der als Architekt selbst Passivhäuser plant, empfiehlt seinen Bauherren grundsätzlich, so gut wie möglich zu bauen: „Sinnvoll ist es, Komponenten zu wählen, die noch lange aktuell bleiben – also beispielsweise Fenster mit einem minimalen U-Wert. Hochwertige Bauelemente und Materialien steigern letztlich den Wert einer Immobilie“, sagt der Diplom-Ingenieur.

So gut wie möglich bauen

Er verweist auf die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), die bei Förderungen ohnehin höhere Anforderungen stelle, als es die Energieeinsparverordnung (EnEV) fordert. „Grundsätzlich ist es sinnvoll, so wenig Energie zu verbrauchen wie möglich – ein warmer Mantel bei der Gebäudehülle lohnt sich immer.“ Deutschlands erstes Passivhaus entstand übrigens bereits im Jahr 1991 in Darmstadt – das Konzept stammt aus Skandinavien, wo man schon einige Jahre länger auf diesem Sektor aktiv ist.