Neues RAL-Gebäude in Bonn Energieeffizienz in farbigem Gewand

Das RAL-Gebäude in Bonn trägt die Identität des Bauherrn unmissverständlich in der Fassade. Insgesamt 428 siebbedruckte Großlamellen sorgen vor nahezu allen Büro- und Besprechungsräumen für Beschattung und reduzieren den Wärmeeintrag.

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    Das energieeffiziente RAL-Gebäude in Bonn vereint spannungsreiche Kontraste aus Naturstein und farbigen Sonnenschutzlamellen.
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    Die Motoren sind in die verdeckt liegenden Tragprofile aus Aluminium integriert.
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    Die siebbedruckten Großlamellen sind im Radius von 90 Grad drehbar.

Das behindertengerechte und energieeffiziente Büro- und Lagergebäude von RAL (Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung) sowie von dessen Tochterunternehmen RAL gGmbH liegt im Wohn- und Wissenschaftspark Bonn. Mit dem 2017 fertiggestellten Neubau bringt das Institut seine Werte zum Ausdruck: Funktionalität, Lebensqualität, Identität unter Einsatz von Bauteilen und Technologien mit RAL-gütegesicherten Produkten und Dienstleistungen. Als Kontrast zu den Funktionsbauten des Parks rundete das Bonner Architekturbüro Frank Piotrowski die Westseite des Gebäudes mit dem sanft geschwungenen Baukörper ab. Der Entwurf stellt den Bezug zur naturnahen Überflutungsfläche des angrenzenden Mühlenbachs her.

Nach Norden hin orientiert befinden sich im RAL-Gebäude die Tiefgarage im Untergeschoss, das Hauptlager und die Farblaborräume im Erdgeschoss sowie ein Büroatrium im Obergeschoss. Die Lagerfläche lässt sich ungestört be- und entliefern. Dabei dient die fensterlose Lagerfassade zusätzlich als Werbefläche, um den Neubau über weiß hinterleuchtete Logo-Schriftzüge sichtbar zu machen. Die Gebäudetiefe ermöglicht im Obergeschoss die Ausbildung einer dreiteiligen Büronutzung, die im mittleren Bereich in Form des Atriums erfolgt. Die Erschließungsflure sind belichtet und optisch erweitert. Der dort untergebrachte Geschäftsführungsbereich lässt sich vom Treppenhaus aus separat betreten.

Sonnensegel zeigt RAL-Farbspektrum

Im Kellergeschoss des westlichen Gebäudeteils befinden sich die Gebäudetechnik und das historische Archiv. Nutzungsoptionen des Erdgeschosses beinhalten den öffentlich zugänglichen Konferenzbereich mit Blick ins Grüne. Das Obergeschoss ist der zweiteiligen Büronutzung vorbehalten. Am Schnittpunkt der beiden Gebäudeteile befindet sich der zentrale Eingangsbereich mit Empfang und Zugang zum Treppenraum, über den sich das gesamte Gebäude erschließen lässt.

Die gegensätzlichen Gebäudeformen werden in der Fassadengestaltung fortgeführt. Ein massiv wirkendes Erdgeschoss mit Natursteinfassade aus deutschem Blaubank-Muschelkalk dient als Sockel für das geschosshoch verglaste Obergeschoss mit auskragendem Flachdach. Oberhalb des Sockels kommen die speziell entwickelten Glaslamellen als Sonnenschutz zur Geltung. In den abgestuften RAL-Farbtönen sind sie ein sichtbarer Hinweis auf eine der Kernkompetenzen des Bauherrn. Zugleich eröffnen sie ein neues Anwendungsfeld, denn RAL-Farben als Beschichtung von Glaspaneelen sind bislang nicht standardisiert.

Der außen liegende Sonnenschutz basiert auf den Schüco-Großlamellen des Typs ALB. Die beweglich montierten Glaslamellen in mehr als 80 Farbtönen sind drei bzw. dreieinhalb Meter hoch, etwa 50 Zentimeter breit und wiegen 100 bzw. 120 Kilogramm. Sie sind in einem Radius von 90 Grad drehbar und folgen dem Sonnenstand automatisch. Die Motoren sind in die verdeckt liegenden Tragprofile aus Aluminium integriert. Linearantriebe mit einer Kraft von jeweils 3.000 Newton gewährleisten die Sonnenstandsnachführung für die 428 verbauten Lamellen.

Vor einigen Besprechungs- und Büroräumen ohne Sonnenschutz kommt in der Fassade Schüco FW 50+.SI mit elektrochromem Glas von Saint-Gobain zum Einsatz. Das dynamisch tönbare Glas lässt sich über vier Stufen in seiner Lichtdurchlässigkeit zwischen einem und 60 Prozent regulieren. Sämtliche Sonnenschutz-, Fassaden- und Fenstersysteme wurden von dem Metallbau-Fachunternehmen und Schüco-Partnerbetrieb Keskin Fensterbau aus Troisdorf realisiert.

Reduzierter Licht- und Wärmebedarf

Alle Außenflächen des Gebäudes sind hoch wärmegedämmt, der Abfluss von Innenwärme bzw. das Eindringen der Wärme von außen verzögern sich trotz großzügiger Fensterflächen erheblich. Der natürliche Licht- und Wärmeeinfall wird genutzt, um den künstlichen Licht- und Wärmebedarf zu verringern. Eine kontrollierte Lüftung mit Wärmetauscher entzieht der verbrauchten Luft die Wärme und führt sie der Frischluft wieder zu. Der Primärenergiebedarf des Gebäudes beträgt 52 kWh/(m²·a) und unterschreitet damit die Vorgaben für ein KfW-Effizienzhaus 55. Der Endenergiebedarf an Wärme beträgt 5 kWh/(m²·a), der Endenergiebedarf an Strom liegt bei 30 kWh/(m²·a).

Zu dem niedrigen Energieverbrauch trägt auch der Tageslichteintrag über die isolierten Fenster- und Fassadenelemente bei. Ein Tageslichtsensor ermittelt raumweise die Tageslichtmenge und regelt die Beleuchtungsintensität und die Farbtemperatur des Kunstlichts der Leuchten. Die Energiebereitstellung für Beheizung und Kühlung erfolgt über eine Erdwärmepumpe in geschlossenem Kreislauf über 20 Tiefenbohrungen. In einem Jahreszyklus wird die Energie dem Boden im Winter entzogen und im Sommer wieder zurückgegeben. Die Erdbohrungen dienen als Wärmequelle für eine Flächenheizung und als aktive Kältequelle für die Flächenkühlung.

Alle Räume des Neubaus verfügen über eine kontrollierte Lüftungsanlage mit stufenweiser Einzelraumsteuerung für den Frischluft-/Außenluftbedarf. Ein Öffnen der schallschutztechnisch isolierten Fenster ist zwar möglich, aber nicht mehr zwingend notwendig. Bleiben diese geschlossen, lässt sich die Geräuschbelastung durch die stark befahrene Straße wirksam reduzieren.

Verglaste Brandschutztüren

Für das Gesamtgebäude ist aufgrund der Konzeption nur ein Treppenhaus erforderlich. Die direkten Fluchtwege für alle Räume sind maximal 35 Meter lang. Die einzelnen Brandabschnitte sind kleiner als 400 Quadratmeter, somit sind zusätzliche Schutzmaßnahmen nicht erforderlich. Bei den Türsystemen vom Treppenhaus zur Tiefgarage, zum Lager und zu den Büronutzungseinheiten handelt es sich um großflächig verglaste, selbstschließende Brand-/Rauchschutztüren. Sie sind als Doppelflügeltüren mit Schließfolge mit den Systemen Schüco ADS 80 FR 30, Schüco Firestop T90/F90 und Schüco ADS 65.NI SP ausgeführt. Ein Bestandteil der barrierefreien Architektur ist die Ausstattung aller verschlossenen Türen mit motorisch betriebenen Schlössern, Öffnungstastern und Codekartenbedienung. Die Entrauchung des Lagers erfolgt über einen separat geführten Rauchgasventilator mit der Leistung von 10.000 Kubikmeter pro Stunde.

Zur Philosophie des RAL passt das nachhaltige Gebäudekonzept, das über die Energieeffizienz hinaus bis ins Detail durchdacht ist. So verfügt das neue Gebäude zusätzlich über eine Oberflächenentwässerung mit in den Boden versenkter Zisterne, eine Dachbegrünung und eine dachbasierte Zehn Kilowatt-Photovoltaikanlage, die drei Schnellladesäulen für Elektrofahrzeuge ergänzen. Der für den Betrieb des Gebäudes benötigte Strom ist zertifizierter Ökostrom. Die Außenanlagen sind naturnah mit heimischen Gehölzen und möglichst wenig Bodenversiegelung gestaltet. Und das Atrium im Obergeschoss bietet sogar einem Bienenvolk eine neue Heimat.