Kraftbetätigte Fenster Ein Nischenmarkt mit Potenzial

Komfort, Sicherheit, Energieeffizienz – all das sind Argumente für automatisierte Fenster. Metall- und Fensterbauer, die diese Nische für sich nutzen wollen, sollten aber einige Besonderheiten kennen.

file_download Downloads zu diesem Artikel

Lüften per Knopdruck oder vollautomatisch in regelmäßigen Abständen mithilfe einer intelligenten Steuerung, in der Luxusvariante vernetzt mit anderen Bauteilen der Haustechnik: Kraftbetätigte Fenster und Türen spielen in der modernen Gebäudetechnik eine immer größere Rolle, auch wenn sie – Stand heute – in überwiegender Zahl bislang als hochwertige Ausnahmeprodukte meist in Objekten zum Einsatz kommen. Fest steht, dass elektromechanische Helfer Ihren Kunden im besten Fall Zeit, Geld und Energie sparen. Ihnen als Metall- und Fensterbauer können kraftbetätige Fenster gute Umsatzchanchen bescheren, wenn Sie die Vorteile im Verkauf richtig vermarkten und – noch wich tiger – mit den besonderen Anforderungen und Tücken dieser Bauteile vertraut sind; sprich: mit Mechanik und Elektronik. Ohne (Zusatz-)Qualifikation, z.B. als Elektrofachkraft, kann es im Schadensfall nämlich unangenehm und teuer werden. Davon ist auch Dipl.-Ing. Stephan Lechner, Experte am ift Rosenheim, überzeugt: „Die Zahl kraftbetätigt verbauter Fenster steigt, wenn sich mehr Metallbauer diese Qualifikation aneignen. Denn sie schaffen dann ganze andere Produkte.“ Momentan, so Lechners Einschätzung, sind in den meisten Fällen so viele Gewerke auf einer Baustelle beschäftigt, dass automatisch die Schnittstellenproblematik eine große Rolle spiele.

In der Praxis müssten Bauelemente wie Fenster mit Komponenten der technischen Gebäudeaustrüstung (TGA) wie Elektrotechnik oder Heizung kommunizieren und in ein Gesamtkonzept integriert werden. Doch nur die wenigsten Betriebe seien in der Lage, alles aus einer Hand zu bieten. „Kraftbetätigte Fenster sind Maschinen“, betont Lechner. Und das bedeutet: Alle, die Maschinen bauen oder umbauen, verkaufen oder kaufen und benutzen, müssen seit Ende 2009 die neue Maschinenrichtlinie (2006/42/EG) anwenden. Mit der neuen Version der Richtlinie steht der Hersteller genauso in der Verantwortung wie der Monteur und der spätere Betreiber, wenn es um die Sicherheit der Nutzer geht. „Ein Teil der Haftung geht bei der Inbetriebnahme auf den Gebäudeinhaber bzw. Bauherrn über“, sagt Lechner. Deshalb sei eine sorgfältige Inbetriebnahme unerlässlich, bei der der Monteur die Bedienungsanleitung und alle wichtigen Pläne mit den Wartungsintervallen und der Risikobeurteilung an den Betreiber übergibt. Einer, der damit im Objektbereich Erfahrungen gesammelt hat, ist Christian Anders, Geschäftsführer von Anders Metallbau: „Im Objektbereich verlangen Bauherren häufig automatisch gesteuerte Fenster- und Fassadenelemente.“ Der Trend gehe zu hohen schmalen Elementen, die manuell nicht mehr zu bewegen seien. Den Prozess bis hin zur betriebseigenen Entwicklung und Montage beschreibt der Metallbauer als langwierig und zeitintensiv. „Die werkseigene Qualitätskontrolle ist unverzichtbar, um unbezahlbare Serienfehler zu vermeiden.“

Schutzmaßnahmen im Merkblatt
Um das Gefahrenpotenzial durch kraftbetätigte Fenster zu verringern, hat der Verband VFF das Merkblatt KB.01:2008-12 für Planung, Herstellung, Einbau und Nachrüstung zusammengestellt. Es soll Fensterbauern, Planern und Bauherren eine am Ablauf des Baugeschehens orientierte Hilfe an die Hand geben, um Risiken beurteilen und Schutzmaßnahmen planen zu können. Insbesondere die Risikoeinteilung in Abhängigkeit von der Raumnutzung ist laut VFF angepasst worden. Ein Aspekt, auf den auch Lechner explizit hinweist: „Jeder Hersteller sollte eine Gefährdungsanalyse machen“, um die nutzungsabhängigen Risiken z.B. in Kindergärten oder Krankenhäusern oder Eigenheimen aufzudecken. Durch Sicherheitseinrichtungen könne das Risiko so weit minimiert werden, dass Sachund Personenschäden ausgeschlossen werden können. Dazu zählen nach Angaben des Experten Einrichtungen wie Kraftbegrenzungen, trennende, taktile oder be - rührungslos wirkende Schutzeinrichtungen (Sensoren) sowie ausreichende Sicherheitsabstände. Auch Sonderfälle wie Brand, Rauch oder Einbruch sollten Hersteller berücksichtigen. GFF rät: Nehmen Sie sich die Zeit und bilden Sie sich oder Mitarbeiter zur Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten weiter. Um Metallbauern und Schreinern die Montage und Verarbeitung von kraftbetätigten Fenstern zu erleichtern, bieten das ift Rosenheim und die Hochschule Rosenheim in diesem Jahr erstmals eine einwöchige Ed- Pro-Schulung mit Zertifikat vor Ort an.