In der Ecke liegt die Kraft Eckverbindungen bei Holzfenstern

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Betriebe, die sich Gedanken über Investitionen in neue Maschinentechnik für die Holz- und Holz/Alu-Fensterproduktion machen, sollten über die Eckverbindung nachdenken. GFF hat sich mit der Frage beschäftigt, welche Lösung zu welcher Herstellungsphilosophie passt.

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    © Grafik: GFF
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    © Nestle Fenster
    Durch seine Novum-Eckverbindung hat Nestle Fenster seinen Arbeitsprozess gestrafft, braucht weniger Raum für die Arbeitsschritte und reduziert Pufferzonen.
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    © Leitz
    Die PlugTec-Eckverbindung fertigen Hersteller ausschließlich mit CNC-Anlagen.

Hersteller von Holz- und Holz/Alu-Fenstern, die über eine Modernisierung ihrer Fertigung sinnieren, müssen dabei viele Fragen für sich beantworten: Einzelteilfertigung oder traditionelle rahmen- bzw. flügelweise Herstellung mit Beschichtung des fertigen Fensters? Nur noch Einsatz eines CNC-Bearbeitungszentrums oder weiterhin die Fertigung im Durchlauf mit modernisierter Winkelanlage organisieren? Bestehende CNC-Anlagen oder andere Fertigungsanlagen mit neuen Werkzeugen aufrüsten? Zwangsläufig ploppt in diesem Zusammenhang die Frage nach der Eckverbindung hoch.

Diese Optionen stehen zur Wahl

Die Schlitz-Zapfen-Verbindung hat sich bewährt und kombiniert eine hohe Stabilität mit gleichzeitig geringer Produktionszeit. Die Konter-Dübel-Verbindung hat sich am Markt speziell bei der Fertigung auf CNC-Bearbeitungszentren etabliert. Bei der mechanischen Verbindung reduziert sich die Zahl der Dübel bis auf null. Zusätzlich setzt der Fensterbauer Schrauben ein. Die PlugTec-Verbindung von Leitz vereint nach Anbieterangaben die Vorteile der Schlitz-Zapfen- und Konter-Dübel-Verbindung: Stabilität verbunden mit einer kostengünstigen Herstellung. Dabei fräst das Werkzeug an der Fensterkantel Zapfen an und rundet sie. Als Alternative bietet der Markt die Schwalbenschwanz-Verbindung von auf Gehrung geschnittenen Fensterkanteln.

PlugTec

Leitz hat Werkzeuge und Lösungen für alle Varianten mit Ausnahme der Schwalbenschwanz-Verbindung im Programm. Doch setzen bei neuen Projekten des Werkzeugherstellers laut Martin Kenntner, Leiter der Anwendungstechnik, 70 bis 75 Prozent der Kunden auf die PlugTec-Eckverbindung: „Wir haben die Lösung mittlerweile bei mehr als 100 Betrieben weltweit im Einsatz.“ Für die Eckverbindungs-Variante fräst der produzierende Betrieb an der Fensterkantel Zapfen an und rundet sie ab. Langlöcher am Gegenstück ergeben laut Leitz eine exakte, stabile, formschlüssige Verbindung. Nach dem Leimauftrag und der Verbindung muss der Verarbeiter nicht auf das Austrocknen des Leims warten und kann sofort weiterarbeiten.

Produkttests am Prüfinstitut ift Rosenheim haben Leitz zufolge gezeigt: Die Tragkraft der Flügel beträgt bis zu 150 Kilogramm, bei einer Holzdicke von 68 Millimeter. PlugTec hat der Hersteller für folgende Elemente prüfen lassen: Fenster, Haustüren, Hebeschiebe-Türen und historische Fenster. Viele Unternehmer setzen seit Jahren auf die traditionelle Schlitz-Zapfen-Verbindung.

Schlitz-Zapfen

Das tut auch Fensterbauer Bernd Fauser mit seinem Betrieb Fauser Glaserei & Fensterbau. Er stand 2012 vor der Frage, weiter eine Winkelanlage im Durchlauf zu nutzen oder doch in ein CNC-Bearbeitungszentrum zu investieren. Er nahm alle Varianten unter die Lupe und entschied sich dann bewusst wieder für eine modernisierte Winkelanlage und die Beibehaltung der Schlitz-Zapfen-Ecke: „Für einen kleineren Betrieb wie uns ist dieser Anlagentyp die richtige Variante. Wir haben auf neue Werkzeuge, Flexibilität und neueste Technik beim Hobeln geachtet.“

Damit könne er jetzt zirka 20 Typen an Holz/Alu-Fenstern bauen und zusätzlich Pfosten-Riegel-Konstruktionen. Dieses Portfolio habe er sich vorher genau überlegt und seine Fertigung und die Eckverbindungen darauf abgestimmt. Entsprechend musste er in seinen Prozessen nicht viel umstellen. Mit seiner flexiblen Fertigung sieht Fauser sich wettbewerbsfähig für die Zukunft aufgestellt. 

Konter-Dübel

Das Unternehmen Nestle Fenster fertigt seine Novum-Eckverbindungen als Konter-Dübel-Verbindung und sichert diese bis zum Abbinden des Leims mit einer zusätzlichen Schraube. Damit spart sich der Hersteller die zusätzlichen Arbeitsschritte des nachträglichen Umfälzens der Rahmen und Flügel für Ausprofilierungen. Ausnehmungen für Lüfter oder andere Fräsungen programmiert das Unternehmen individuell. Nicht vernachlässigen sollten Fensterbauer die Ausbildung der Mitarbeiter am Bearbeitungszentrum. Zwei, besser drei Mitarbeiter müssen komplexe Vorgänge in der Software verstehen und handwerkliche Kenntnisse für die Holzauswahl mitbringen.

Mechanische Verbindung

„Am besten und rationellsten ist eine Konter-Schraub-Eckverbindung“, sagt Dittmar Siebert, Dipl.-Ing. (FH) Holztechnik und Geschäftsführer von Siebert Engineering. Diese Verbindung lasse sich mit Blick auf die Geschwindigkeit am schnellsten und kostengünstigsten an einem CNC-Bearbeitungszentrum herstellen. Zudem profitiere der Fensterproduzent nachgelagert von vielen Vorteilen, etwa hinsichtlich der Oberflächenbehandlung am losen Stück ohne Probleme für die Eckverbindung und einer angefrästen Glasleiste mit Montage der Flügelrahmenteile direkt um das Glas herum. „Im gesamten Prozess spare ich bis zu 40 Prozent an Fertigungskosten“, sagt Siebert.

Arbeitsgänge wie Austrennen und gesondertes Profilieren der Glasleiste, Verpressen zu Rahmen und aufwändiges Dübel-Einleimen, Ablängen der Glasleisten und die separate Oberflächenbeschichtung entfallen. „Die Endmontage Rahmen, Glas, Dichtung, Beschlag erfolgt stationär ohne weiteren betrieblichen Transport an einem Arbeitsplatz“, sagt der Ingenieur. Die Voraussetzung dafür sei die durchgängige Einzelteilfertigung.

Schwalbenschwanz

Bei dieser Variante treibt der Fensterbauer in die auf Gehrung gesägten und gefrästen Kanteln Dübel ein, fügt die Elemente zusammen und schlägt den Schwalbenschwanz in Doppelkeilform in die gefrästen Nuten. Martin Hoffmann, Geschäftsführer von Hoffmann Maschinenbau, sagt zur Haltbarkeit der Gehrungsecke mit Hoffmann-Schwalbe: „Seit Ende der 1990er vertreibt Schweikart Venstersysteme sein System mit der Schwalbe-/Dübelverbindung. Hierbei gab es bis zum heutigen Tag keine Reklamationen.“ Weltweit habe das Unternehmen 50 bis 60 weitere Kunden, die ihre Fenster und Systeme so verbinden. Bei seiner Prüfung der Bruchlast von Fensterecken sowie der Belastung auf Zug attestierte das Prüfzentrum für Bauelemente (PfB) 2014 für die gekonterte Rahmen-Gehrungsecke mit Hoffmann-Schwalbe an einem Holzfenster im IV 78-System folgende Festigkeitswerte: am Rahmen 9,3 kN, am Flügel 8,9 kN. Zusätzlich hat das Entwicklungs- und Prüflabor Holztechnologie eph ein Holz/Aluminium-Fenster mit Hoffmann-Schwalbe auf folgende Merkmale erfolgreich geprüft: Luftdurchlässigkeit, Schlagregendichtheit, Widerstandsfähigkeit gegen Windlast, Stoßfestigkeit und statische Verwindung. Zudem bestätigte laut Hoffmann eine Klimakammerprüfung in der Schweiz die Haltbarkeit der Gehrungsecke. 

Und welche Lösung passt für Sie?

Zunächst sollte der Fensterbauer überlegen, ob die gewünschte Eckverbindung zu den herzustellenden Produkten passt. Nicht jede Eckverbindung eignet sich für alle Fensterkonstruktionen. Der Unternehmer sollte sich also überlegen, welches Portfolio er fertigen will: nur Fenster und wenn ja welche? Oder auch Türen, Pfosten-Riegel-Konstruktionen etc.?

„Fast immer werden bei Einführung einer neuen Eckverbindung zumindest Teile des Fertigungsablaufes verändert“, sagt Volker Schmieder, Manager Projektierung/Application Eng. der Business Unit CNC bei Homag. Außerdem müssten Fensterbauer die Investitionskosten betrachten und den Fertigungsablauf rationell gestalten. Je nach gewünschter Eckverbindung sollte der Unternehmer konstruktive Randbedingungen, zum Beispiel die Art der Scheibenklotzung, die Art der Glasfalzbelüftung und die gewünschte Flexibilität bei Scheibendicken und Beschlag, beachten. „Der Fensterbauer sollte alle Beteiligten vom Maschinen- über den Werkzeug- bis zum Softwarelieferanten an einen Tisch holen und ein abgestimmtes Maschinen- und Fertigungskonzept entwickeln“, sagt Leitz-Experte Kenntner.