Auf dem Weg hin zu Industrie 4.0 Digitalisierung in der Glasbranche

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Die Isolierglasindustrie hat die Zeichen der Zeit längst erkannt und setzt zunehmend auf eine vollständig automatisierte Fertigung. Damit die Digitalisierung entlang der Wertschöpfungs-kette funktioniert, muss sich die Branche jedoch neuen Herausforderungen stellen.

Bei der hochgradig automatisierten Herstellung von Floatglas sind heute schon alle wesentlichen Informationen dokumentiert. - © Saint Gobain Glass

In der Glasindustrie ist die smarte Fabrik vielfach schon Realität. „Bei unseren Abläufen in Produktion, Verwaltung und Vertrieb spielt die Digitalisierung eine wichtige Rolle“, sagt Martin Stadler, Marketing Director Deutschland und Schweiz, Saint-Gobain Building Glass. Als Treiber habe die Automobilindustrie mit ihren hohen Standards die Verfahren beschleunigt. „Innovative Isolierglashersteller und Bearbeiter begreifen den Trend als Chance, bei zunehmendem Wettbewerb am Markt erfolgreich zu sein“, bekräftigt Peter Dixen, CEO der A+W Software GmbH.

Weniger Mängel, zufriedene Kunden

Die Vorzüge der vollständig automatisierten Fertigung von Floatglas verdeutlicht Stadler am Beispiel E-Marking: „Beim Einscannen einer 3,21 mal sechs Meter großen Scheibe graviert ein Hightech-Laser die Daten zur Beschaffenheit quasi unsichtbar für das menschliche Auge ins Produkt ein.“ Über diesen Code könne der Hersteller den Zuschnitt verbessern, Glasverluste minimieren, das Glas schneller bearbeiten. Das Ergebnis seien kürzere Produktionszeiten, mehr Effizienz und Transparenz, weniger Reklamationen, zufriedenere Kunden. Durch verschlankte Prozesse über den gesamten Lebenszyklus hinweg werde Mehrfachaufwand, z.B. beim Austausch von Fenstern, vermieden.

„Innovative Hersteller und Bearbeiter begreifen diesen Trend als große Chance, bei zunehmendem Wettbewerb erfolgreich zu sein.“

Das Ende des Fortschritts ist längst noch nicht erreicht: „Unsere Entwickler arbeiten daran, das physische Produkt Glas mit den digitalen Daten per auslesbaren Markern zu verknüpfen“, verrät Stadler. Damit sei jederzeit ein Bezug auf Umweltproduktdeklarationen (EPDs) möglich.

Was eine Software leisten muss

Eine Branchensoftware muss Glasveredler dabei unterstützen, die gestiegenen Kundenanforderungen in Bezug auf Qualität, Zuverlässigkeit und Liefergeschwindigkeit zu erfüllen. „Die Voraussetzung ist die vollautomatische Bereitstellung aller Fertigungsdaten über intelligente Schnittstellen an den Bearbeitungsstationen in einer vernetzten Umgebung“, bringt es Dixen auf den Punkt. Um Durchgängigkeit zu gewährleisten, sollten digitalisierte Vorgänge beim ersten Kundenkontakt beginnen und mit der Auslieferung der fertigen Produkte enden. Hier setzt eine zeitgemäße Softwarelösung an: Sie muss die intuitive internetbasierte Erstellung von Angeboten und Bestellungen ermöglichen. Denn erst die digital optimierte Lieferlogistik erspare Bearbeitern und deren Kunden Zeit und Geld.

Bedingt durch die Strukturen gelten im Handwerk andere Bedingungen: „Die Betriebe sind oft inhabergeführt, dort ist der Mann an der Maschine gleichzeitig Kundenberater und Monteur, aber vor allem Betreuer sämtlicher kaufmännischer Abläufe am PC“, weiß der A+W-Boss. So benötigten die Firmen eine integrierte Softwarelösung, die aktuelle Anforderungen erfüllt, sich aber gleichzeitig einfach installieren und bedienen lässt. Unter anderem stelle das Softwarehaus Bitec dem Handwerk eine Branchenlösung zur Verfügung, in der die langwierige Stammdatenerstellung weitgehend erledigt sei.

Wo gibt es Verbesserungsbedarf?

Erst wenn die Digitalisierung entlang der gesamten Wertschöpfungskette funktioniert, kann sie ihre Zugkraft vollständig entfalten. Dafür muss an einigen Stellschrauben gedreht werden: „Alle Beteiligten sollten Schnittstellen für die Prozesse klar benennen und die Standards für den Datenaustausch definieren“, resümiert Stadler, der bei kleinen und mittleren Unternehmen noch Potenzial sieht. Ein ähnliches Szenario skizziert Dixen: „Künftig wird es vermehrt um die Vernetzung über Unternehmensgrenzen hinaus gehen. Selbstlernende Maschinen kommunizieren untereinander, mit Menschen, Werkstücken und Softwaresystemen sowie auf Basis einheitlicher Datenplattformen.“