Next Summit, Architektenveranstaltung in Frankfurt Digitale Transformation – wie und wo der Holzbau vorangeht

50 Teilnehmer sind Mitte November 2017 zur Architektenveranstaltung Next Summit in den neuen, gleichnamigen Räumlichkeiten von Aluminium-Profilgeber Wicona in Frankfurt gekommen. Die Qualität der Inhalte hätte eine größere Aufmerksamkeit verdient gehabt.

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    Teamwork: Christian Mettlach (li.) und Oliver Haberkorn, Leiter der Projektberatung, arbeiten bei Next eng zusammen.
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    Bühnenshow: Martin Prösler (li.), Next Summit-Moderator, im Gespräch mit Referent Johannes Kuhnen, Design-to-Production

Ehe es zu den Präsentationen geht, stärkt sich Faruk Bozkurt an einem der Stehtische. Seine Professorin Claudia Lüling hat den etwas schüchtern wirkenden 25-Jährigen auf den Termin aufmerksam gemacht. „Bedauerlich ist“, öffnet sich der Frankfurter Student der – genau – Architekturwissenschaft schließlich doch, „dass der Druck in der Lehre so hoch ist, dass meine Kommilitonen sich die Planungsdetails nur noch aus Atlanten und Zeitschriften holen. Es fehlt die Zeit, um solche Impulse von außen aufzunehmen.“ Reproduktion statt Innovation, lautet die Beschreibung des Systemfehlers.

Funktionen substituieren

Das klingt bei Matthias Kraemer (siehe GFF -Umfrage auf der Folgeseite), Vorstandsvorsitzendem der 110 Architekten zählenden SSP AG in Bochum, diametral anders. Der Spezialist für integrale Planung plädiert wie Boris Peter (Knippers Helbig; „BIM – ist für mich das Unwort des Jahres“) für interdisziplinäre Kommunikationsprozesse und implementiert die in der eigenen Gesellschaft u.a. durch per Losentscheid (!) zustande kommende, also willkürliche, Gesprächsgruppen. „Die Innovation als Prozess“, wie Kraemer formuliert, wird schließlich im umbauten Raum sichtbar, wenn sich infolge des integralen Ansatzes als der SSP-Philosophie Funktionen von fallbezogen besser geeigneten Bauteilen substituieren lassen.

Immer die Gleichen

Deshalb appelliert der Unternehmer regelrecht an seine Architektenkollegen: „Verbieten Sie Abteilungen. Sie führen dazu, dass Dialogprozesse immer in der gleichen Gruppe stattfinden.“ Sein Vorredner Johannes Kuhnen, Leiter digitale Fertigung bei Design-to-Production, hat als gelernter Zimmermann, studierter Architekt und Digital Native ein spannendes Profil; das elf Mann zählende Unternehmen bewegt sich zwischen den Welten von Gestaltung, Fertigung und Einbau – höchst erfolgreich.

Montieren ohne Fehler – ein Traum

Dabei setzt Design-to-Production darauf, durch Vorfertigung die Komplexität – und damit die Fehlerquellen – auf der Baustelle konsequent zu reduzieren. Dass Zimmerleute („Die sind daran gewohnt, ganze Dachstühle für Einfamilienhäuser in Vorfertigung umzusetzen“) mit solchen Strukturen von jeher Erfahrung haben, ist neben Kuhnens Holz-Leidenschaft sicher ein weiterer Grund dafür, dass das Büro in Stuttgart und Zürich Projekte wie den Skifahrer Edy als offiziellen, 19 Meter hohen Icon der Alpinen Ski WM 2017 in St. Moritz oder das Pariser Kulturzentrum La Seine Musicale komplett mit einer Tragstruktur aus dem Naturmaterial, im letztgenannten Beispiel bestehend aus 1.200 Trägersegmenten und 200 Zug/Druck-Ringen, umsetzt. Das Besondere ist, dass die Komponenten in der digitalen Prozesskette so mit digitalisierten Informationen bestückt sind, dass sie in der endgültigen Tragstruktur „ihre Nachbarn erkennen“, wie Kuhnen sich ausdrückt. In Verbindung mit einfachen Laufzetteln für die Monteure, auf denen genau definiert ist, wo das jeweilige Segment zu platzieren ist, sind Fehler praktisch ausgeschlossen.

Schonungslose Bestandsaufnahme

Am Ende trägt der Digitalisierungs-Afficionado, als müsse er ein letztes Signal zum Aufbruch geben, aus „The Farmer Review of the UK Construction Labour Model“ vor. Demnach krankt die Baubranche insbesondere an struktureller Fragmentierung und fehlendem Willen zur Zusammenarbeit sowie viel zu niedrigeren F&E-Aufwendungen, heißt es in der schonungslosen, wenngleich inhaltlich nicht neuen Bestandsaufnahme. Die direkte Folge davon sei die mangelnde Attraktivität der Arbeitsplätze für junge Kreative.

Oliver Haberkorn ist selbst Architekt und leitet in der Projektberatung bei Wicona ein Team von 14 Beratern, die die planerische Zielgruppe so unterstützen, dass „die Technik, das Innenleben funktioniert – und die Architekten die Freiheit haben, ihr Design umsetzen zu können“. Viele derer, die diesen Service gerne in Anspruch nehmen, seien Wiederholungstäter, sagt der Hausherr an einem der Stehtische: „Sie rufen einfach einen Kollegen oder mich an, um zu fragen, was wir für neue Lösungen haben.“