Vom Fensterbaubetrieb zur Fenstermanufaktur Das war’s noch nicht: Götz Gegg schreibt Geschichte fort

Unter dem Dach der Hemmler-Gruppe geht es für Götz Gegg nach der Insolvenz seines Betriebs im Jahr 2016 weiter. GFF hat mit ihm über die schwierigen zurückliegenden Jahre gesprochen – und über den Neuanfang innerhalb der Unternehmensgruppe.

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    Das Speerwurf-Traumpaar Christina und Boris Obergföll besitzt in Diersburg ein Haus, in dem Revo-Fenster aus der Manufaktur Hemmler und Gegg verbaut sind.
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    Für Revo wurde Götz Gegg im Jahr 2016 als Fensterbauer des Jahres ausgezeichnet.

„Vertrauen bei den Kunden aufzubauen, dauert lange. Verloren ist es schnell.“ Hinter Götz Gegg liegen bewegte Jahre. Aufgegeben hat der Fensterbauer aber nie, auch nicht nach der Insolvenz seines Betriebs im Jahr 2016. Unter dem Dach der Hemmler-Gruppe schreibt das Haslacher Traditionsunternehmen, gegründet im Jahr 1874, seine Geschichte inzwischen erfolgreich fort. Wenn Götz Gegg mit ruhiger Stimme über die vergangenen Jahre spricht, lässt sich nur erahnen, wie sehr ihn der Kampf um seinen Betrieb mitgenommen haben muss.

So schlitterte Gegg in die Insolvenz

„Das war keine schöne Zeit. Es war für meine Mitarbeiter und mich nicht abzusehen, ob und wie es weitergehen würde“, sagt der Fensterbauer. Die Schwierigkeiten hatten im Grunde bereits Ende 2012 begonnen. Damals war das Unternehmen aus der Haslacher Altstadt in einen Neubau im Schnellinger Gewerbegebiet umgezogen. Probleme machte von Anfang an das neue CNC-Bearbeitungszentrum, welches auch zwei Jahre später die zugesagten Stückzahlen nicht liefern konnte.

„Unser Glück war, dass wir die alte Winkelanlage noch nicht verkauft hatten“, sagt Gegg. Die wirtschaftliche Situation blieb dennoch angespannt. Im August 2014 beantragte der Fensterbauer ein gerichtliches Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Der Geschäftsbetrieb schien in der Folge gesichert. Kurze Zeit später aber der nächste Nackenschlag: Ärger mit einem Bauunternehmen setzte den Fensterbaubetrieb mit einem sechsstelligen Betrag unter Druck. „Das war für uns der Genickbruch“, sagt Gegg. Ende des Jahres 2016 stellte er den Antrag auf eine Eröffnung des Insolvenzverfahrens.

Mit Hemmler in die Zukunft

Die Zukunft des Betriebs war zu diesem Zeitpunkt ungewiss. „Gehe ich als Techniker oder Meister in ein anderes Unternehmen, verstärke ich meine Tätigkeit als ö.b.u.v. Sachverständiger – oder eröffne ich eine Kneipe“, schildert der Fachmann heute schmunzelnd seine Überlegungen. Damals war ihm nicht zum Scherzen zumute. „Was kommt denn noch alles? Wir dachten, die Talsohle sei durchschritten, dann geht auch noch die Tür zum Keller auf.“ Die Rettung nahte allerdings schon – in Form der Unternehmensgruppe Hemmler mit Sitz in Schutterwald. Diese verfügt heute über neun Niederlassungen in Baden sowie im angrenzenden Elsass. Mit eigenem Standort im Kinzigtal vertreten zu sein, war für die Gruppe eine strategisch interessante Option.

Gegg war gesprächsbereit. „Ich war für alle Wege offen, die dem Betrieb einen Weg in die Zukunft ebnen“, sagt der Fensterbauer. Während im Januar und Februar 2017 der Betrieb geschlossen blieb, liefen im Hintergrund Gespräche mit CEO Ralf Jäckle. Schnell waren die Details geklärt. Bereits am 1. März nahm das Unternehmen, als Hemmler und Gegg GmbH neu gegründet, den Geschäftsbetrieb im Wolfsgässle 2 wieder auf, als 100-prozentige Tochter der Hemmler GmbH. Götz Gegg fungiert als Betriebsleiter, die Mitarbeiter entstammen alle dem alten Team.

Gruppe agiert wie eine Familie

Unter dem Dach der Firmengruppe vertreibt und montiert das Unternehmen von Haslach aus die komplette Hemmler-Palette namhafter deutscher Hersteller – von Fenstern und Haustüren (Weru, Unilux) bis hin zu Rollläden und Sonnenschutz (Roma, Klaiber, Warema, Ehret, Biossun, Somfy). Wie Gegg erläutert, mussten er und sein Team sich mit den neuen Gegebenheiten erst zurechtzufinden. „Im Bereich der Sonnenschutzprodukte und deren Montage hatten wir einiges dazuzulernen“, nennt Gegg als Beispiel. Schnell habe er dabei aber die Vorteile des Gruppengefüges zu schätzen gelernt. So profitiere jeder Standort von der Stärke der gesamten Unternehmensgruppe, die einzelnen Niederlassungen unterstützten sich gegenseitig. „Ralf Jäckle setzt sich sehr für den Zusammenhalt ein“, sagt Gegg. „Wir sind eine richtige Familie.“

Und wie in richtigen Familien üblich, hat jedes Mitglied bestimmte Stärken: Aufgrund des Know-hows von Götz Gegg und seinem Team fungiert Hemmler und Gegg innerhalb der Firmengruppe als Kompetenzzentrum für Holz und Holz/Alu. Nicht nur das: Als einziger Standort fertigt das Unternehmen Elemente auch selbst. Auf der alten Winkelanlage – das unglückselige CNC-Bearbeitungszentrum ist wieder verkauft – produziert der Fachbetrieb neben großen Pfosten-Riegel-Konstruktionen ausschließlich das innovative Holzfenster Revo in verschiedenen Ausführungen.

Preisgekröntes Revo-Fensterals exklusives Produkt

Bei der patentierten Eigenentwicklung, für die Gegg im Jahr 2016 auch die Auszeichnung als Fensterbauer des Jahres in der Kategorie Produktentwicklung und Fertigung erhielt, handelt es sich um ein Holzfenster im Bauhaus-Stil, das von außen keinen sichtbaren Rahmen aufweist. „Der Flügelrahmen liegt verdeckt im Blendrahmen“, erklärt der Fensterbauer Gegg. „Der Blendrahmen wiederum wird komplett vom Mauerwerk oder vom Wärmedämmverbundsystem überdeckt.“ Zusätzlich zur rahmenlosen Optik habe das zwei weitere Vorteile: Neben der erstklassigen Wärmedämmung – Wärmebrücken seien nicht vorhanden – reduziert sich auch der Pflegeaufwand signifikant. „Wir befreien das Holzfenster damit von einem Stigma. Bei Revo ist es nicht nötig, das Fenster noch regelmäßig zu streichen.“

Wie Gegg erläutert, sei nach dem Neustart mit Hemmler als Partner zunächst nicht klar gewesen, ob der Betrieb die Fertigung von Revo wieder aufnehmen werde. Auch wenn die Anfragen da waren – monatelang ruhte die Produktion. Gegg seinerseits ließ nicht locker und versuchte beharrlich, Ralf Jäckle von dem Produkt zu überzeugen – am Ende mit Erfolg. Seinen Teil dazu beigetragen hat die Aussicht auf einen prestigeträchtigen Auftrag. Das Speerwurf-Traumpaar Christina und Boris Obergföll hatte im Jahr 2013 ein Haus in Diersburg gekauft, in dem Revo-Fenster verbaut sind. Die beiden waren begeistert – und wollten nun auch in einem Anbau das exklusive Elementeprodukt nutzen. „Das war der erste Auftrag, für den wir Revo wieder gefertigt haben“, so erinnert sich Gegg.

Fertigung in kleinen Stückzahlen

Ein Massenprodukt soll Revo trotz allem nicht werden. Dazu sei der Kundenkreis zu exklusiv, außerdem seien die Anforderungen in der Herstellung so hoch, dass gar keine industrielle Fertigung möglich sei. „Mit kleinen Stückzahlen treten wir bewusst als Fenstermanufaktur auf“, sagt Gegg. Nach bewegten Jahren ist das vielleicht genau, was der Fensterbauer jetzt braucht.