Wärmedämmung und Stromerzeugung in einem Produkt Chinesische Wunderfolie soll Energieeffizienz verdoppeln

Chinesische Forscher arbeiten an Fensterfolien aus organischen Solarzellen, die Energie aus Sonnenlicht gewinnen – und gleichzeitig Gebäude vor Wärme schützen. GFF stellt die Technologie vor, deren Marktreife in vier bis fünf Jahren zu erwarten ist.

Die Abbildung veranschaulicht die Funktionsweise der Fensterfolie, welche die Stromerzeugung und Wärmedämmung miteinander kombiniert. - © Hin-Lap Yip

Forscher der South China University of Technology (SCUT) haben eine Technologie entwickelt, mit der sich nach ihren Angaben die Energieeffizienz eines durchschnittlichen Haushalts verdoppeln lässt. Das spezielle Material reduziert demnach die Hitzeeinwirkung und fungiert gleichzeitig als Solarzelle, mit der sich Energie generieren lässt. „Unsere Lösung vereint erstmals die beiden Funktionen der solaren Stromerzeugung und der Wärmereduktion in einem einzigen Produkt“, sagt Projektleiter Hin-Lap Yip, Professor für Materialwissenschaften und Ingenieurwesen an der SCUT, im Gespräch mit GFF. Berechnungen zeigen nach seinen Angaben, dass es möglich sei, die Stromrechnung um die Hälfte zu reduzieren, wenn die multifunktionale Photovoltaik-Technologie auf die Fenster von Gebäuden appliziert wird.

Wärmedämmende Photovoltaik

Für ihren Wunderstoff setzen die Forscher auf die Technologie der semitransparenten organischen Photovoltaik (ST-OPV). Wie Yip betont, sei die Dünnschichtstruktur von ST-OPV der von Wärmedämmschichten, wie sie heute an Fenstern von Wohn- und Geschäftsgebäuden sowie von Autos zum Einsatz kommen, sehr ähnlich. Durch die sorgfältige Gestaltung der Struktur lassen sich daher die Funktionen der Stromerzeugung und der Wärmedämmung miteinander kombinieren. Die entwickelte Beschichtung nimmt dabei nach Angaben des Wissenschaftlers nur genau so viel Sonnenlicht auf, wie sie zur Energiegenerierung benötigt; der Rest werde blockiert.

Vorteile organischer Solarzellen

Die organische Photovoltaik bringt laut Yip entscheidende Vorteile für die Anwendung als gebäudeintegrierte Photovoltaik (BIPV) im Vergleich zu siliziumbasierten Solarzellen mit. „Zwar sinken diese kontinuierlich im Preis und sind mit Blick auf Leistung und die technologische Reife bereit weit entwickelt“, erläutert Yip.

„Unsere Folie vereint die Funktionen einer solaren Stromerzeugung und der Wärmedämmung in nur einem einzigen Produkt.“

Aufgrund ihres langweiligen Aussehens und ihres hohen Gewichts eigneten sie sich aber nur bedingt für gebäudeintegrierte Anwendungen. Organische PV-Materialien spielen hier Yip zufolge ihre Vorteile aus: Sie lassen sich demnach aufgrund der abstimmbaren Absorptionseigenschaften zu leichten, bunten und semitransparenten PV-Folien mit gutem Wirkungsgrad und überzeugender Transparenz verarbeiten. Die Herstellung erfolgt im kostengünstigen und skalierbaren Rolle-zu-Rolle-Beschichtungsverfahren. „Das macht OPV perfekt anwendbar für PV-Scheiben und PV-Fensterfolien”, sagt der Forscher. Insgesamt nennt Yip drei Möglichkeiten, das innovative Material auf ein Fenster aufzubringen. Die erste Möglichkeit ist der Einschluss zwischen zwei Glasscheiben. „Für die Verkapselung der semitransparenten Solarzellen ist das die beste Lösung“, sagt der Forscher.

Drei Ausführungsvarianten

Für die Anwendung auf bestehenden Fenstern sei dies allerdings nicht die optimale Variante. Dafür eigne sich die Ausführung als flexible Folie, mit der sich die Fensterscheibe direkt beschichten lasse. „Die Applikation erfolgt so wie bei aktuellen Fensterfolien, die auf den Fenstern von Autos, Wohn- und Geschäftshäusern aufgebracht werden, um dadurch Licht und Wärme zu reduzieren”, schildert Yip.

„In vier, fünf Jahren werden wir marktreife Ergebnisse sehen.“

Die dritte Möglichkeit ist die Ausführung als Fenstervorhang. Neben der einfachen Installation mache diese Variante das Abführen des Stroms flexibler. „Da viele Vorhänge heute elektrisch angetrieben werden, lässt sich das Stromkabel auch für das Abführen des Solarstroms verwenden“, sagt Yip. Der Strom lasse sich in einer Batterie speichern oder direkt nutzen, um das Gebäude zu betreiben.

Marktreife in fünf Jahren

Bis das Produkt die Marktreife erlangt, wird es allerdings noch dauern. „Wir befinden uns in der Anfangsphase. Ich denke, dass wir in den nächsten vier bis fünf Jahren die Demonstration eines solchen Produkts in großem Maßstab sehen werden“, sagt Yip. Aktuell arbeiten die Forscher mit Glas- und PV-Unternehmen zusammen, um einen Prototyp für die polymerbasierten semitransparenten Solarzellen zu entwickeln. Polymer-Solarzellen gibt es seit zirka 25 Jahren. Seither hat es bekanntlich deutliche Fortschritte bei der Verbesserung des Wirkungsgrads und der Stabilität gegeben. „Wenn wir in den nächsten Jahren die besten Materialien und Verfahren zur Skalierung dieser PV-Technologie identifizieren, können wir sie vielleicht an ihrem 30. Jubiläum überall sehen“, hofft Yip auf den großflächigen Einsatz der Technologie in wenigen Jahren.