Verband vor der Zerreißprobe? BIV-Wahlen annulliert

Aufgrund eines Formfehlers sind die vergangenen Wahlen zum Vorstand des Bundesinnungs­verbands des Glaserhandwerks (BIV) ungültig. GFF klärt auf, was ein Delegierter aus NRW damit zu tun hat, und spricht mit Beteiligten.

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    Hermann Fimpeler (li.) und Martin Gutmann (re.) – hier beim traditionellen Messefrühstück der Glaser auf der glasstec 2016 – waren bei der zurückliegenden Wahl für das Amt des Bundesinnungsmeisters gegeneinander angetreten.
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Im November 2017 hatte der Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks (BIV) in Halle (Saale) seine Vorstandswahlen abgehalten: Dabei bestätigten die 32 stimmberechtigten Delegierten Amtsinhaber Martin Gutmann im Amt des Bundesinnungsmeisters. Mit 19:13 Stimmen setzte er sich gegen seinen Mitbewerber Hermann Fimpeler, Landesinnungsmeister von Nordrhein-Westfalen, durch. Nun der Paukenschlag: Alle Wahlergebnisse der damaligen Mitgliederversammlung sind ungültig. Wie es dazu kam, erklärt der BIV so: Ein Delegierter aus NRW habe die ordnungsgemäße Berufung der Delegierten aus Bayern und Berlin angezweifelt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi), dem die berufsständischen Vertretungen zugeordnet sind, um Überprüfung gebeten. Dieses bestätigte: Die Abgesandten der Innung Berlin waren nicht ordnungsgemäß gewählt. Ein Formfehler mit schwerwiegenden Folgen: Das BMWi annullierte die Ergebnisse der Mitgliederversammlung. Sämtliche Beschlüsse sowie die Wahlen von Vorstand, Rechnungsprüfern etc. sind zu wiederholen. Kommissarisch ist der alte Vorstand also wieder im Amt.

Zusammenhalt in Gefahr

Nach GFF -Recherchen ist der Unmut bei manchem Verbandsmitglied nun groß – aber weniger über den offensichtlichen Fehler in der Berliner Innung als vielmehr über das Verhalten des Delegierten aus NRW. Einer, der seinen Ärger auch öffentlich äußert, ist Jürgen Sieber, Vorsitzender des Fachverbands GFF Baden-Württemberg. Für ihn hat es ein Geschmäckle, dass der Delegierte demselben Landesverband angehört wie der bei der Wahl zum Bundesinnungsmeister unterlegene Hermann Fimpeler. „Ich halte die Begründung für fadenscheinig, dass den Kollegen aus NRW nur die Sorge um die Satzung umgetrieben habe“, sagt Sieber. Zum anderen falle der Delegierte mit seinem Vorgehen denen in den Rücken, die sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich engagieren. „Mir fehlt das Verständnis für dieses Vorgehen. Ich finde das Verhalten nicht fair gegenüber dem Ehrenamt und den Menschen, die sich in ihrer Freizeit einbringen“, sagt Sieber, der auch explizit die Berliner Innung in Schutz nimmt, die als kleiner Landesinnungsverband nicht einmal über einen hauptamtlichen Geschäftsführer verfüge. Zum Wohle des Glaserhandwerks sollten laut Sieber alle an einem Strang ziehen. Die Aktion des Delegierten aus NRW konterkariere dieses Bestreben.

Das sagt der Delegierte aus NRW

Und was sagt der Delegierte aus NRW selbst zu seinen Beweggründen und den gegen ihn erhobenen Vorwürfen? GFF hat mit ihm gesprochen, also recherchiert – statt „Stimmungsmache“ zu betreiben. Es handelt sich um Werner Schlagheck, der bei der Wahl als Ersatz-Delegierter vor Ort war. Nachdem er am zweiten Weihnachtsfeiertag 2017 das Protokoll von der Versammlung in Halle durchgelesen hatte, habe er festgestellt, dass Personen gewählt haben, die gar nicht hätten wählen dürfen. „Es haben Leute gewählt, die keine Delegierten waren“, sagt Schlagheck. Aufgrund dieses Befunds habe er beim BIV nachgefragt, ob formal alles mit rechten Dingen zugegangen sei, und sich nahezu zeitgleich auch an das BMWi als oberste Aufsichtsbehörde gewandt. Nach der Auswertung der entsprechenden Protokolle stand dort schnell fest: Die Wahl ist ungültig. Der Berliner Landesinnungsverband (LIV) hatte es – das räumt die Innung im Gespräch mit GFF auch offen ein – versäumt, seine Delegierten satzungsgemäß per Wahl zu bestimmen.

Die verbandsinternen Unterstellungen, die Schlaghecks Vorgehen in Zusammenhang mit dem negativen Wahlausgang für Hermann Fimpeler bringen, weist der Delegierte zurück. „Wenn Herrman Fimpeler die Wahl gewonnen hätte, wäre das Problem ja das gleiche gewesen.“ Stattdessen nimmt er die Funktionsträger in den Landesinnungsverbänden in die Pflicht, sich an die vorgegebenen Regeln zu halten. „Es kann nicht sein, dass der Verband zusammengerufen wird – was auch Geld kostet – und dann Leute ihre Hausaufgaben nicht machen.“

Persönliche Animositäten im Spiel?

Dafür dass Schlaghecks Vorgehen nichts mit der Wahlniederlage von Hermann Fimpeler zu tun hat, spreche, dass er Fimpeler nicht ins Vertrauen gezogen habe über seine Eingabe bei BIV und Ministerium. Überhaupt sei das Verhältnis der beiden nicht sehr innig. Als Beleg dafür führt Schlagheck an, dass er Fimpeler bei der Wahl zum Landesinnungsmeister (LIM) von NRW als einer von zwei Stimmberechtigten seine Stimme verweigert und ihm auch nicht zur Wahl gratuliert habe.

Hat sein Vorgehen dann vielleicht eher etwas mit der Person von Martin Gutmann zu tun? Im Gespräch mit GFF lässt Schlagheck offen, ob er mit der Amtsführung des amtierenden Bundesinnungsmeisters zufrieden ist. Nur so viel: Ein Bundesinnungsmeister muss seiner Meinung nach aktiv vorangehen und Problemlösungen für die Verbandsmitglieder anstreben. Zumindest hier liegt er auf einer Linie mit Fimpeler („Der Aktivator“), der sich damals am GFF-Wahlkampftelefon ebenso positioniert hatte. Ob es persönliche Befindlichkeiten zwischen ihm und Gutmann („Der Integrator“) gibt, wie mehrere Verbandsmitglieder im Gespräch mit GFF andeuten, bleibt unklar. „Die Charakterschwäche von anderen Leuten kommentiere ich nicht“, sagt er, generell auf verbandsinterne Auseinandersetzungen angesprochen. In Zusammenhang mit der annullierten Wahl findet Schlagheck es jedenfalls schade, dass er nun von Personen geschnitten oder angefeindet werde, die er über Jahre kenne. „Wenn Sie einen Fehler aufdecken, sind sicherlich nicht alle begeistert, aber es gibt nur eine Lösung: den Fehler zu korrigieren.“ Das geschieht bereits: Infolge der Ministeriumsentscheidung sagte der BIV seine Frühjahrs-Mitgliederversammlung in Bremen ab, traf sich aber mit den Delegierten, um die eingetretene Situation zu beleuchten. Dem Vernehmen nach war Bundesinnungsmeister Martin Gutmann darum bemüht, die Wogen zu glätten.

So geht es weiter

Auf der Herbst-Mitgliederversammlung in Trier sollen nun – im Einklang mit dem BMWi – die Wahlen und Berufungen wiederholt werden. Gutmann will nach eigener Aussage wieder für das Amt des Bundesinnungsmeisters kandidieren, während Fimpeler noch keine Entscheidung getroffen habe. Der baden-württembergische Landesinnungsverband lässt die Art und Weise seines Engagements ebenfalls noch offen. „Vor der nächsten Wahl werden wir in unserer Vorstandschaft da-rüber sprechen, in welcher Form wir uns beim BIV einbringen. Ich habe sicherlich nur begrenzt Lust, meine Freizeit für einen Verband zu opfern, in dem es mehr um die Richtigkeit der Satzung geht als um die gemeinsame Sache“, sagt Sieber.

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