Fensterbau Aus Neu mach Alt - Chance Denkmalschutz

Viele Fensterbauer scheuen die Auflagen und den Aufwand für denkmalgeschützte Fensterkonstruktionen. Ein junger Glaser - meister stellte sich der Herausforderung.

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Für sein Meisterstück wandelte Jan Eiermann auf den Spuren des berühmten Meister - detektivs Sherlock Holmes. In alten Büchern recherchierte der Jungglaser, wie alte Meister Fenster zur Zeit des Historismus im 19. Jahrhundert bauten. Er studierte Zeichnungen und verglich alte Fotos. Tricks verriet ihm auch sein Großvater, dem als Glasermeister einige alte Techniken bekannt waren. Obwohl Eiermann keine Erfahrungen mit historischen Fenstern hatte, suchte er etwas Ausgefallenes für seine Meisterprüfung. Außerdem faszinierten ihn die individuellen Herausforderungen beim Nachbau alter Fenster für denkmalgeschützte Gebäude: „Jeder Bau stellt andere Anforderungen und das ist für einen Fensterbauer doch ein Traum. Kreativität und echte Handarbeit zählen in dieser speziellen Disziplin noch.“ Einige Wochen gründlicher Nachforschungen später entschied sich der Handwerker, ein Drillingsfenster mit Segmentrundbogen in sechs Teilen zu bauen: Drei untere Teile mit Drehflügeln, drei obere Teile als Kippflügel.

Alle Teile konstruierte Eiermann als Verbundflügel in der Holzart Kiefer mit Schlitz-Zapfen-Verbindung. Diesen Typ setzten viele Fensterbauer aus Süd- deutschland in der damaligen Epoche bevorzugt ein. Als Grundlage für die Konstruktionspläne, die der Meisterprüfling selbst zeichnen musste, nutzte er Hinweise des Arbeitskreises Denkmalschutz des Fachverbands GFF Baden-Württemberg und den Standard Sonder-Iso-DV-Fenster-D. Außen setzte der Fensterbauer eine Einfachscheibe ein, die er verkittete. Handarbeit wie vor 150 Jahren Innen griff er auf eine schmale Isolierglasscheibe zurück. Die oberen Teile mit Rundbogen unterteilte Eiermann mit echten Sprossen. Als Beschläge brachte der Tüftler Fitschenbänder an, während er zum Verriegeln Vorreiber mit Streichdrähten am Rahmen befestigte. Im Unterschied zu den energetisch katastrophalen Originalfenstern erreichte die leicht modifizierte Konstruktion des Jungmeisters in der Standardabmessung von 1,23 mal 1,48 Meter mit Kryptonfüllung und einem 13-Millimeter-Glasaufbau (drei Millimeter Außenscheibe, sieben Millimeter Scheibenzwischenraum, drei Millimeter Innenscheibe) einen U-Wert von 1,5 W/m²K.

Die größte Herausforderung wartete mit der Fertigung der Einzelteile. Eiermann fräste die Holzteile, stellte die Beschläge von Hand her und musste immer wieder an Übungsstücken ausprobieren, bevor er das Werkstück endgültig zusammensetzte. „Das war schon wie bei einem Puzzlespiel. Zum Glück half mir mein Opa“, berichtet der Meisterschüler der Fachschule für Glas-, Fenster- und Fassadenbau in Karlsruhe. Gerade die Passgenauigkeit von Flügeln und Bogen stellte ihn immer wieder vor Probleme. Insgesamt acht Tage werkelte Eiermann meistens mehr als acht Stunden an der Fertigung seines historischen Fensternachbaus. Zum Schluss behandelte er die Oberfläche mit deckend weißer Farbe. Als optische Höhepunkte zieren Kämpfer mit Zierprofilen und Kanneluren an den Setzhölzern das Element mit den Außenmaßen 1,83 mal 1,80 Meter. Einzigartigkeit, die viele Kunden zu schätzen wissen. Das hofft Jan Eiermann zumindest.