Treffen in Stuttgart Asbest: Ministerien und Hand-werker beraten Vorgehensweise

Asbest im Fensterkitt – wie groß ist das Problem wirklich und wie gehen die Fensterbauer professionell damit um? Antworten darauf sollte ein Termin am 27. November 2017 geben,zu dem das baden-württembergische Umweltministerium geladen hatte.

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    © Jürgen Sieber
    In alten Holzfenstern könnte Asbest im Fensterkitt sein.
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    © Jürgen Sieber
    Bei Scheiben im Kittbett könnte Asbest enthalten sein.

Es war eine große Runde am 27. November 2017, die sich auf Einladung des baden-württembergischen Umweltministeriums mit dem Fokus auf das Bauen im Bestand auf der Waldau in Stuttgart getroffen hat. Nahezu 150 Teilnehmer aus dem Regierungspräsidium, den Landratsämtern und den verschiedenen Landesinnungsverbänden waren gekommen. Referenten wie Dr. Gerhard Scheuermann, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft des Landes Baden-Württemberg, Achim Sieker, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, sowie Andreas Feige-Munzig von der Berufsgenossenschaft (BG) Bau, Abteilung Prävention in München, informierten über die aktuelle Arbeit zum Thema. Wolfgang Gastel, Kreishandwerksmeister und stellvertretender Vorsitzender des Fachverbands Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg sowie zuständig für die politische Kommunikation im Verband, hat die Fensterbauer und ihre Interessen vertreten.

Die gute Nachricht für das Glaserhandwerk: Thomas Strobl, Landesinnungsmeister der Glaser in Bayern und stellvertretender BIM, hat zusammen mit der BG Bau eine Untersuchungs-Testreihe zu verschiedenen Fenstertypen (u.a. Gado-Glas) und deren Kitt aufgesetzt. Es gibt keinen offiziellen Bericht der BG Bau dazu, vermutlich werden zunächst weitere Daten gesammelt.

Wie groß ist das Problem?

GFF hat erfahren, dass nur in einem Sechstel von 120 Proben überhaupt Asbest gefunden wurde. Die Belastung dabei war sehr gering: In drei Viertel der Proben lag der Anteil bei weniger als einem Prozent, die Marke von 15 Prozent wurde nicht überschritten. Zu dieser Information passte dann auch, dass das Thema Asbest im Fensterkitt beim Treffen in Stuttgart keine zentrale Rolle gespielt hat. Wesentlich bedeutender ist Asbest im Wandputz, in Fliesenklebern, Spachtelmassen, Farben. In zirka 2.500 Materialien soll Asbest bis 1993 verarbeitet worden sein. Etwaige Ausnahmegenehmigungen danach beziehen sich laut BG Bau ausschließlich auf Forschungs- und wissenschaftliche Zwecke. Seit 1993 ist der Stoff verboten und ruht friedlich. Das Problem beginnt erst, wenn durch das Anbohren, Anfräsen oder Schleifen die Fasern zu fliegen beginnen und eingeatmet werden. Neu für alle, einschließlich des Gesetzgebers, ist daher: Auch der Heimwerker muss beachtet werden. Sein Tun kann Gefahr für Leib und Leben bedeuten. Die aktuelle Rechtslage behandelt bisher nur die offiziellen Auftraggeber und Auftragnehmer in Bauvorhaben. Die Konsequenz daraus: Es wird zu einer neuen Rechtslage kommen, aber das dauert seine Zeit.

Ziel: Handlungsempfehlung

Das Ziel für alle professionellen Handwerker ist klar: Es braucht eine Handlungsempfehlung zum Umgang mit dem Thema Asbest in Einklang mit den Behörden. Eigentlich liegt es gemäß VOB ja in der Verantwortung des Bauherrn/Auftraggebers, den Handwerksunternehmer darauf hinzuweisen: „Da ist Asbest drin“ – nur derartiges Wissen tatsächlich vom Kunden zu erwarten, ist bislang unrealistisch.

Wie beim großen Treffen zu hören war, erwartet die Politik von den Handwerksverbänden beziehungsweise den Auftragnehmern vor Ort, dass sie die Auftraggeber auf aus Baustoffen wie Asbest resultierende Gefahren hinweisen. Es soll vom Ministerium eine Art Pflichtenheft für den Auftraggeber geben, damit dieser dem Auftragnehmer gegenüber seiner Aufgabe, zu informieren, nachkommen kann. Dieses Papier benötigt jedoch mindestens ein bis zwei Jahre bis zu seiner Fertigstellung – bis dahin liegt die Pflicht zur Aufklärung über Gefahrstoffe beim Handwerksunternehmen. Es ist nicht verabschiedet, aber es liegt auf der Hand, dass diese Aufklärung in Deutschland sicherheitshalber schriftlich erfolgen sollte. Die Aufklärung der Heimwerker und Bastler hingegen übernimmt das Ministerium – mit den Amateuren haben die Profis nichts zu tun.

Konkrete Vorgehensweise

Der Ablauf ist gemäß dem Stand der Diskussion in Stuttgart wie folgt: Der Handwerksbetrieb erstellt auf Anfrage ein Angebot an den Bauherrn. Im nächsten Schritt, wenn der Handwerker auf der Baustelle feststellt, es könnte ein Asbest-Problem existieren, weist er den Auftraggeber darauf hin. Dass dadurch das bereits gemachte Angebot nicht mehr haltbar ist und der Bauherr angesichts der Information zu Asbest nicht glücklich sein kann, darf getrost erwartet werden. Dennoch wurde diese Vorgehensweise als vorläufiger Soll-Prozess und als Ergebnis der Gespräche von Stuttgart definiert.

Die Asbest-Verordnung (Technische Regel für Gefahrstoffe, TRGS 519, Anlage 4) sieht vor, dass nur befugte Personen (dafür muss man einen Sachkundenachweis in einer Schulung erworben haben) berechtigt sind, bei Verdacht Proben zu entnehmen. Die BG Bau forciert zusammen mit den Verbänden eine Überarbeitung der Richtlinie mit dem Ziel, ein emissionsarmes Verfahren, welches bei nachweislich nicht mehr als 10.000 Fasern pro Kubikmeter Anwendung finden soll, zu definieren. Eine neue Rechtslage führt möglicherweise dazu, dass der Sachkundenachweis in die Meisterausbildung integriert wird. Vorerst muss die Informationsvermittlung anders erfolgen: Ein Termin für die Ausbildung der Ausbilder ist für Anfang Februar 2018 für die baden-württembergischen Glaser angedacht.